Ivan Zivko: „Ich male mir immer ein Happy End aus“

Coach Zivko im Gespräch!

Dragons-Headcoach Ivan Zivko im sportreport-Interview über die neue Saison, den neuen Quarterback und warum er sich immer schöne Bilder ausmalt.

sportreport.at: Die lange Offseason hat ein Ende. Jetzt geht es endlich auch für die Dragons los. Was gibt es Neues, was habt ihr nach dem Titelgewinn im Vorjahr geändert?
Ivan Zivko: Wir haben nach dem Meistertitel einige Dinge ändern müssen. Wir haben einen neuen Krafttrainer, der viel neuen Input gebracht hat. Auch auf dem Feld haben wir einiges geändert. Die Trainingsbeteiligung war noch nie so hoch, seit ich dabei bin. Ich freue mich auf die kommende Saison.

sportreport.at: Bis zum Vorjahr waren die Dragons immer ein bisschen in der Underdog-Rolle. Jetzt seid ihr als Meister die Gejagten…
Ivan Zivko: Ich glaube nicht, dass wir die Gejagten sind. Die Austrian Bowl ist das, was alle Teams haben wollen. Wir sind nur eines von vielen Teams. Es bringt ja nichts, nur uns zu schlagen. Ich fühle mich nicht als Gejagter, eher mehr als Jäger der Austrian Bowl. Unser großes Ziel ist, auch heuer Meister zu werden.

sportreport.at: Das Wort „Titelverteidigung“ hörst Du nicht gern. Warum?
Ivan Zivko: Ich kann nicht etwas verteidigen, was ich nicht besitze. Und ich besitze die Austrian Bowl 2011 nicht. Wir wollen heuer wieder in die Austrian Bowl. Zusätzlich wollen wir auch in der Eurobowl weiter kommen.

Die Auslosung hat uns schwierige Spiele beschert (die Dragons treffen im Achtelfinale auf die Prag Panthers – bei einem Sieg warten im Viertelfinale die Berlin Adler, Anm.), aber wir werden uns gut vorbereiten. Prag-Trainer Steven Cash ist ein guter Trainer und ein guter Freund von mir. Ich freue mich sehr auf unser erstes Heimspiel gegen die Panthers im neuen Stadion in Stadlau. Das wird ein Highlight-Game.

sportreport.at: Letztes Jahr war Cash Trainer beim damaligen Liga-Neuling St. Pölten. Die Dragons haben dieses Duell nur knapp mit 63:55 gewonnen. Das war ein interessantes Spiel…
Ivan Zivko: Ich habe mich im Sommer sehr bei Steven bedankt, weil dieses Spiel die Initialzündung dafür war, dass wir in eine andere Richtung gegangen sind. Wir mussten nach dieser Partie etwas ändern, und die Defense hat sich ab dem nächsten Spiel enorm verbessert. Das Spiel in St. Pölten war wahrscheinlich der große Wendepunkt, der es uns ermöglicht hat, 2010 Meister zu werden.

sportreport.at: Du bist dafür bekannt, dass Du Dein Team sehr genau auf den Gegner einstellst. Jetzt – zu Beginn der Saison – ist es sicher schwierig, weil Du manche Teams ja noch nicht spielen gesehen hast. Wie improvisierst Du da?
Ivan Zivko: Unser Vorteil ist, dass wir in der ersten Woche spielfrei waren. Das macht mir die Arbeit als Trainer leichter. Ich habe mir mit meinen Trainern die Vikings gegen Salzburg angesehen. Die Bullen sind diese Woche unser erster Gegner in der AFL. Vom nächsten Gegner, den Prager Panthers, habe ich zwei Videos. Das ist ein immenser Vorteil für unsere Mannschaft, da ich sehr gegnerorientiert arbeite. Ich kenne unsere Stärken, aber ich versuche auch beim Gegner alles mögliche zu finden und jede Woche Anpassungen vorzunehmen.

sportreport.at: Die Dragons spielen heuer mit Thomas Haider als neuem Quarterback, der im Vorjahr als Wide Receiver am Feld war. Du hast gesagt, dass Du ihm den Druck nehmen und ihn nicht verbrennen willst. Wie darf man das verstehen?
Ivan Zivko: Ich möchte ihm die bestmögliche Situation bieten. Er ist ein junger Quarterback – jung in dem Sinn, dass er in der AFL noch nicht auf dieser Position gespielt hat. Aber er spielt schon viele Jahre bei den Dragons – das heißt, er hat eine Riesen-Erfahrung mit mir als Offense Coordinator, und er ist einer der besten Receiver Österreichs und Europas. Er kann alternierend alles spielen. Athletisch ist er so gut wie noch nie zuvor. Ich möchte, dass er Spielzüge bekommt, die zu ihm passen. Mit ihm gemeinsam entwickeln wir gerade eine Marschrichtung, die einerseits auf die Offense und andererseits auf ihn zugeschnitten ist.

Mit Eric Marty (Dragons-Quarterback 2010, Anm.) war es ja nicht anders: Wir haben gesehen, was er kann und haben immer wieder nachjustiert. Das haben wir in den letzten Jahren immer so gemacht. Ich möchte keinen Quarterback dazu zwingen, etwas zu tun, bei dem er sich nicht ganz so wohlfühlt.

sportreport.at: Ihr habt heuer wieder vier neue Amerikaner geholt. Wo sind ihre Stärken/Schwächen? Was erwartest Du von ihnen?
Ivan Zivko: Die Neuen sind sportlich und menschlich ein sehr guter Griff. Sie machen viele Dinge, wo man den Unterschied merkt. Wenn man einen Amerikaner holt, sollte er ja gegenüber einem Österreicher einen Unterschied machen. Jeder dieser vier hat seine Stärken, und ich bin schon sehr gespannt, bei den ersten Gamedays zu sehen, was sie imstande sind, für die Dragons zu leisten.

sportreport.at: Du hast gesagt, dass Du froh bist, sportlich in Wien angekommen zu sein. Du hast für das Derby gegen die Vikings extra die Blue River Bowl ins Leben gerufen. Arbeitest Du mit einer Extraportion Lokalrivalität als Motivationsfaktor für das Team?
Ivan Zivko: Ich habe die Blue River Bowl ins Leben gerufen, weil es momentan sicherlich die größte Rivalität ist. Wir spielen heuer in Stadlau – nur die Donau trennt uns von Simmering. Hier geht es um die Herrschaft in Wien. Ich sehe das sehr nüchtern, aber auch sehr positiv: Diese Rivalitäten sind wichtig für den Sport und wichtig für die Motivation. Ich muss vor dem Spiel gegen die Vikings nicht viel reden, weil alle wissen, um was es geht: Es geht um die Stadt Wien. Spiele gegen Graz und Innsbruck haben auch ihre große Brisanz, aber gegen die Vikings ist es eben ganz speziell: Wir sehen uns jeden Tag in der U-Bahn, bei Meetings, überall. Wir sehen die Plakate von ihnen und sie sehen die von uns. Die Rivalität ist von daher so groß wie nie, und dem wollte ich mit der Blue River Bowl einen Ausdruck verleihen – und wir haben diese Idee dann gemeinsam mit den Vikings umgesetzt.

sportreport.at: Was passiert, wenn die Dragons heuer keinen Titel gewinnen? Wäre die Enttäuschung groß, oder kommt es Dir eher darauf an, ein gutes Spiel gemacht zu haben – und trotzdem ausgeschieden zu sein?
Ivan Zivko: So denke ich nicht. Ich male mir immer schöne Bilder aus und ein Happy End. Es bringt mir nichts, mir schlechte Bilder zu machen. Mein oberstes Ziel ist es, die Mannschaft so vorzubereiten, dass sie die bestmögliche Chance haben. Das ist die große Aufgabe der elf Trainer, die wir haben. Alles andere wird dann passieren.

sportreport.at: Welche Bilder werden die Dragons-Fans nach den ersten Spielen vor Augen haben?
Ivan Zivko: Sie werden eine aggressive Mannschaft sehen, die versuchen wird, über interessante, neue Wege zum Erfolg zu kommen. Sie werden sicher den einen oder anderen Trickspielzug sehen. Dazu eine Defense, die versuchen wird, den Gegner unter Druck zu setzen und eine Offense, die versuchen wird, den Gegner zu zermürben. Dazu sehr viel Emotion und Leidenschaft –wie wir es bisher gezeigt haben. Was ich im Training bisher gesehen habe, zeigt eine emotionale Gruppe, die sich untereinander gut versteht.

sportreport.at: Stichwort Weltmeisterschaft. In Deinem Team gibt es auch viele Spieler, die im Nationalteam spielen. Ist es für Dich eine Option, die Nationalspieler hie und da zu schonen?
Ivan Zivko: Natürlich wollen wir als Österreicher, dass Österreich bei der WM so weit kommt wie möglich. Auf der anderen Seite steht der Verein. Ich bin ja nicht nur den Spielern, sondern auch 500 Mitgliedern und Tausenden Fans gegenüber verantwortlich. Daher ist der Fokus ganz klar: Der Vereinssport geht bis zur WM vor, ab der WM wird für Österreich gespielt. Das können die Spieler auch sehr gut trennen. Wenn wir im Verein eine gute Vorbereitung machen, wirkt sich das ja auch auf das Nationalteam aus. Wir machen den Job nicht, um jemand zu schonen. Ich bin dazu da, dass der Verein am Ende ein gutes Ergebnis bekommt.

Das Gespräch führten Conrad Kleiner und Thomas Muck

23.03.2011


Die mobile Version verlassen