Was bleibt von Kevin Gaudet? Rückblick auf die Capitals-Saison 2010/11

Caps und GaudetUp’s and Down’s der Saison 2010/11!











Vier Jahre lang war Kevin Gaudet Trainer der Vienna Capitals. Vor wenigen Tagen ging seine Ära in Wien zu Ende. Nach dem Semifinal-Aus gegen Salzburg bleibt den Capitals in der Liga ein dritter Platz. Thomas Muck analysiert eine turbulente Spielzeit mit vielen Höhen und Tiefen!

Glücklose Jubiläumssaison
Die Jubiläumssaison 2010/11 (10 Jahre Capitals) brachte den Wienern kein Glück! Der geplante Ausbau der Albert-Schultz-Halle verzögerte sich und wird erst vor der kommenden Spielzeit fertig. Die Mannschaft wurde über weite Strecken der Saison von Verletzungen gebeutelt. Bereits in der Vorbereitung erwischte es Verteidiger Josi Riener, der wegen einer schweren Schulterverletzung für die gesamte Saison passen musste.

Trainer Gaudet konnte im gesamten Meisterschaftsverlauf praktisch nie auf den gesamten Kader zurückgreifen. Stürmer Cory Larose musste mit mehreren Verletzungen über weite Teile der Saison pausieren. Kevin Kraxner verletzte sich in Jesenice schwer am Knie. Als es schließlich in den Play-Offs auch noch Scharfschütze Francois Fortier und Kapitän Benoit Gratton erwischte, konnte die beste Einstellung keine Wunder mehr bewirken – obwohl die Capitals die auf dem Papier übermächtigen Salzburger Eishockey-Bullen ins Wanken brachten. Erst im entscheidenden letzten Spiel der Halbfinal-Serie gelang den Bullen der Einzug ins Finale.

Schwankende Form
So hartnäckig wie das Verletzungspech verfolgte die Wiener auch die Formschwäche einiger Leistungsträger. Die zweite Angriffslinie mit den Rodman-Brüdern blieb über weite Teile der Saison weit hinter den Erwartungen zurück. Die Offensive stand und fiel mit dem Duo Fortier/Gratton.

Parallelen zu den Vorsaisonen zeigte auch die körperliche Verfassung einiger Schlüsselspieler im Grunddurchgang, die – aufgrund der intensiven Spielweise der Capitals – müde und leergespielt wirkten. Überraschenderweise gelang hier jedoch eine erfreuliche Trendwende. In den Playoff-Serien gegen Graz und Salzburg präsentierten sich wieder die Hauptstädter in Hochform, traten mannschaftlich geschlossen auf und agierten auf höchstem Niveau.

Umstrittener Trainer – gespaltenes Fanlager
Die Vorzeichen für die Saison 2010/11 waren nicht die Besten. Das unorthodoxe Ausscheiden in der Saison zuvor (Anm.: Die Capitals verloren nach 3:0-Serienführung gegen Linz mit 3:4) hatte Spuren hinterlassen. Die Arbeit von Trainer Kevin Gaudet wurde sehr kritisch gesehen. Zu Recht?

Trotz des ungewöhnlichen Verletzungspechs zeigte die Mannschaft unterhaltsames Offensiv-Eishockey. Die Reihe Rotter, Gratton und Fortier war selten gemeinsam auf dem Eis – dann aber in der Regel kaum zu kontrollieren. Mit stärkeren Leistungen der zweiten Angriffslinie – und weniger Verletzungspech – wäre für die Capitals deutlich mehr möglich gewesen.

Zum Saisonstart wurde Trainer Gaudet vom Vereinsvorstand ein Maßnahmenpaket verordnet. Der zwingende Einsatz von vier Angriffslinien soll darin festgeschrieben worden sein. Nicht immer hielt sich Gaudet daran und zog phasenweise „sein Konzept“ mit zweieinhalb Angriffslinien durch. Das trieb die Fans Mitte Jänner auf die Barrikaden. Im Heimspiel gegen die Graz 99ers wurden die Stehplatzsektoren geräumt. Spruchbänder wurden gezeigt – die übliche Unterstützung für die Mannschaft bleib einige Minuten aus. In der Folge rückte die Mannschaft enger zusammen und faszinierte ihre Fans mit gewaltigen Energieleistungen. Nicht jedes Spiel war großartig – unterhaltend waren die Vienna Capitals aber in jeder Sekunde der Saison 2010/11.

Die „zweite Reihe“ zeigt Potential
Dem ehemaligen Trainer Gaudet wurden einige Dinge nachgesagt; etwa, dass er bei der Entwicklung von Nachwuchsspielern Defizite hätte. In der Tat haben sich die Spieler aus der zweiten Reihe nicht gravierend verbessert oder weiterentwickelt. Doch ein Peter Schweda, Martin Ulmer, Kevin Kraxner, Harald Ofner und auch Silvio Jakobitsch zeigten bei ihren Einsätzen durchaus mit guten Leistungen auf – um kurz darauf erneut kaum Eiszeit zu erhalten. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass in einigen Phasen der Saison das Leistungsprinzip scheinbar nicht immer hauptursächlich für die Zusammenstellung der Linien war.

Was bleibt?
Die Schlussfolgerungen nach den letzten beiden Saisonen sind die gleichen geblieben. Es wäre mehr möglich gewesen für die Vienna Capitals. Während in der Spielzeit zuvor die blamable Leistung einer ausgebrannten Mannschaft in den Play-Offs als Hauptgrund anzuführen ist – ist die Ursachenforschung heuer deutlich schwieriger.

„Am Ende hat es einfach nicht sein sollen“, erklärte ein sichtlich gezeichneter Philipp Pinter nach dem Ausscheiden in Salzburg. Ein Kurzfazit, das wohl am treffendsten die Saison der Capitals zusammenfasst. Der Gewinn von Meisterschaften hat eine unbestimmte Größe in der (Erfolgs-)Gleichung: Glück! Das hatten die Vienna Capitals in der abgelaufenen Spielzeit definitiv nicht auf ihrer Seite.

Auch wenn die Enttäuschung am Ende – verständlicherweise – groß war, können die Vienna Capitals auf die Saison durchaus stolz sein. Der Wandel von der Legionärstruppe zur „jungen, hungrigen Truppe“ ist gelungen. Ab August werden die Wiener die Mission „Meistertitel“ erneut in Angriff nehmen. Trainer Kevin Gaudet wird nicht mehr dabei sein, seinen Platz auf der Bank nimmt der Schwede Tommy Samuelsson ein. Ob es im kommenden Jahr für den Titel reicht? Die Qualität wäre da – auf und neben dem Eis.

Eine Analyse von Thomas Muck

07.04.2011


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