Vienna Capitals: Eine Saison der vergebenen Chancen

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Nach dem Vize-Meistertitel in der Saison 2012/13 starteten die Vienna Capitals mit hohen Zielen in die Saison 2013/14. Doch bereits nach dem Viertelfinale ist der Traum vom zweiten Meistertitel in der Vereinsgeschichte ausgeträumt. Eine Saison der vergebenen Chancen ist vorbei. Eine Analyse von Thomas Muck und Dominik Wimberger.

Zum Saisonstart herrschte Aufbruchstimmung. Der zweite Meistertitel der Geschichte sollte nach Wien. Im sportlichen Bereich setzte man auf Kontinuität. Trainer Tommy Samuelsson ging in seine dritte Spielzeit. Die Mannschaft der Vorsaison blieb in etwa beisammen. Von den Neuzugängen sollte sich im weiteren Saisonverlauf einzig Dustin Sylvester (zum Teil) als Verstärkung erweisen. In vielen Punkten wurden schier goldene Chancen vergeben.

Unter Ex-Trainer Kevin Gaudet war die Offensive der Vienna Capitals das Prunkstück. Spektakulär und unterhaltsam war der Spielstil der Hauptstädter. Diese Ära scheint im Moment Galaxien entfernt. Ideenlos und im Vergleich zu einigen anderen Teams statisch im Kombinationsspiel präsentierten sich die Wiener in der Vorwärtsbewegung.

Die Defensive musste also in vielen Spielen die Kohlen aus dem Feuer holen. Hier sollten bewährte Kräfte gemeinsam mit den Neuzugängen Fletcher und Matheson das Bollwerk bilden. Doch die beiden Nordamerikaner blieben weit hinter den Erwartungen zurück. Sie wurden noch im alten Kalenderjahr verabschiedet. Der im Sommer ausgemusterte Andre Lakos wurde nach seinem missglückten Ausflug nach Tschechien zurückgeholt.
Generell ist der Verteidigung zu attestieren, dass auch das Bollwerk nicht immer sattelfest agierte. Im Schatten der etablierten Cracks machten die beiden Hoffnungsträger Peter und Schweda eine Seitwärtsentwicklung bei phasenweise überschaubarer Eiszeit.

„Die Spieler entwickeln sich im Laufe der Saison. Eine Meisterschaft ist ein Langstreckenlauf und kein Sprint“, sagte Tommy Samuelsson vor dem Start der Saison. Weise Worte – die jedoch einigen Spielern kein gutes Zeugnis ausstellen. Legionäre wie Ouellette oder Keller konnten in dieser Saison nur selten Normalform abrufen. Eine Weiterverpflichtung wäre eine Überraschung. Es war jedoch nicht alles schlecht im Offensivspiel der Vienna Capitals.

Die vierte Angriffslinie mit Puschnik, Fischer und Hartl vermochte über weite Strecken zu überzeugen. Mit intensiven Körperspiel gelang den Österreichern auch der eine oder andere wichtige Treffer. Als Journalist konnte man jedoch das Gefühl gewinnen, dass das Trainerteam nicht das allerletzte Vertrauen in die vierte Angriffslinie hatte. Eine Entscheidung, die aus Leistungssicht nicht immer nachvollziehbar war. Denn im Gegensatz zu anderen Spielern stimmte hier die gefühlte Entwicklung.

Zurück zu den Worten von Head Coach Tommy Samuelsson: „Die Spieler entwickeln sich im Laufe der Saison“. Bei einigen Cracks ist die Entwicklung seitwärts verlaufen. Eine gewisse Form von „gesunder Sättigung“ ist im sportlichen Bereich eingetreten. Möglicherweise mit ein Grund für die Verantwortlichen, nach dieser Saison an einen Schnitt zu denken.

In diversen Medienberichten wird über die „fehlende Hierarchie“ innerhalb der Mannschaft berichtet. Dazu einen Kommentar abzugeben ist für Journalisten praktisch unmöglich. Auffallend ist jedoch, dass auf dem Eis nur wenige Spieler Verantwortung übernehmen wollten. „Nur keine Fehler machen“ war das Motto vieler Cracks. Ein problematischer Umstand um erfolgreich Eishockey auf höchsten Niveau zu spielen.

Nach der Niederlage gegen den VSV waren einige bekannte Statements zu hören. „Innere und körperliche Leere“ war von den Gesprächspartnern zu hören. Ein gutes Stichwort – ausgerechnet nach der Olympia-Pause wirkten einige Leistungsträger „leergespielt“. Während bei einigen dieser Umstand verwunderlich scheint ist es bei Goalie Zaba erklärbar. Letztes Jahr war der Kanadier ein Fels in der Brandung. Durch Backup Weinhandl wurde Zaba entlastet und erhielt – die benötigten – Pausen. In der Saison 2013/14 war das anders. Talent Kickert wurde kaum berücksichtigt obwohl er in seinen Einsätzen überzeugen konnte. Mangelt es hier am Vertrauen am Talent? Auf der Ersatzbank oder in Nachwuchsligen entwickelt sich der 20-jährige nicht weiter. Bleibt zu hoffen, dass Kickert kein „Rudi-Hummel-Schicksal“ erleidet. Der 24-jährige kam über den Status des „ewigen Talents“ nicht hinaus beendete seine Karriere nach der Saison 2010/11 in der höchsten heimischen Spielklasse entnervt nach nur 16 (!) Einsätzen.

Auch im Bereich der taktischen Ausrichtung müssen sich die Wiener hinterfragen. Die Viertelfinal-Serie gegen den VSV war praktisch eine Wiederholung des vorjährigen Finales gegen den KAC. „Natürlich haben wir die Taktik aus der Vorsaison analysiert und uns daran angelehnt“, erklärt ein VSV-Crack. Den Vienna Capitals ist es in Wahrheit nie gelungen ein Mittel gegen die Villacher zu finden oder sie gar taktisch zu überraschen. Mit einer klassischen Playoff-Taktik haben die Kärntner den Wienern den Nerv gezogen.

Es wurden jedoch nicht nur Chancen vergeben – abseits des Eises haben die Vienna Capitals auch einige genutzt. Der neue Pressesprecher und die Kommunikation über die sozialen Netzwerke verdient Anerkennung. In diesem Bereich wurde ein junges, hungriges Team mit Visionen aufgebaut. In einer professionellen Sportteam-Organisation erhalten diese Aspekte jedoch nur wenig Bedeutung. Die Entwicklung im Merchandising-Bereich fällt ebenfalls unter die Rubrik bemerkenswert und verdient Respekt.

Es bleibt zu hoffen, dass die Vienna Capitals die Dynamik aus diesem Bereich auch auf die sportlichen Agenden übertragen können. Denn nicht jedes Jahr kann man Chancen wie jene der Saison 2013/14 so leichtfertig auslassen.

20.03.2014


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