Die Vorbereitung der Vienna Capitals auf die Saison 2016/17 läuft. General-Manager Franz Kalla spricht im ersten Teil des großen Saisonstart-Interviews mit Sportreport-Chefredakteur Thomas Muck über die vergangene Saison und ihre Lehren, die Trainersuche und die Diskussionen über die Eiszeitpreiserhöhung im Eissportzentrum Kagran.
Sportreport: Herr Kalla, die Off-Season ist vorbei. Zunächst mal vielen Dank für Ihre Zeit. Arbeitsreiche Wochen und Monate liegen hinter Ihnen. Wie war es für Sie rückblickend betrachtet?
Franz Kalla: Die Off-Season vergeht schneller, als man denkt. Die Zeit zwischen März und Anfang August ist in Windeseile verflogen und mit sehr viel Arbeit verbunden.
Sportreport: Es gibt vieles, worüber wir sprechen können. Rückblickend auf die letzte Saison: Es hat sehr viele Gerüchte gegeben über die Verbindung Jim Boni zu den Vienna Capitals. Das Verhältnis soll zerrütet gewesen sein. Hand auf´s Herz: Wie war es wirklich?
Franz Kalla: Man darf da nicht nur die letzten Monate über die Zeit mit Jim Boni heranziehen. In der Saison 14/15 hat er dem Verein in einer sehr schwierigen Situation geholfen. Am Schluss gibt es immer Gründe, warum man außeinander geht. Wichtig ist aber, eine Analyse von beiden Seiten zu betrachten und zu schauen, was man besser oder anders machen könnte. Aber es ist nicht zielführend, sich über die Vergangenheit zu äußern.
Sportreport: Gibt es Dinge, die der General Manager Franz Kalla anders gemacht hätte?
Franz Kalla: Es ist jeder gut beraten, selbstkritisch zu sein und nachzudenken, ob der eingeschlagene Weg der richtige ist. Wenn wir über eine Saison lang sehr gutes Eishockey spielen und am Ende die Zielsetzungen nicht erreichen, muss man das kritisch hinterfragen. Und da beginnt man nicht bei den anderen, sondern bei sich selbst.
Sportreport: Nach dem Saisonende hat es nach außen hin relativ wenig Kommunikation gegeben. Würden Sie sagen, dass es in Ordnung war? Wenn ja, was war die Strategie dahinter?
Franz Kalla: Kommunikation ist ein sehr wichtiges Thema. Es sind einige Dinge im Umfeld passiert und Entscheidungen getroffen worden, die wir nicht mehr beeinflussen konnten. Vielleicht muss man auf diesen Punkt verstärkt Wert legen, was wir in Zukunft tun werden. Es wird in Kürze auch Verlautbarungen zu dem Thema geben. Auch in puncto Social Media müssen wir verstärkt agieren.
Sportreport: Nach dem Abgang von Jim Boni gab es eine lange Trainersuche. Wie hat sich die Tatsache ausgewirkt, dass die Hamburger Freezers den Spielbetrieb eingestellt haben?
Franz Kalla: Es ist nicht schwierig, einen Trainer zu finden. Sondern es ist schwierig, den richtigen zu finden. Wir hatten das Glück, aus 70 Kandidaten eine Wahl zu treffen. Wir haben zunächst das Profil erstellt. Was wollen wir für einen Trainer. Serge Aubin betrachte ich für uns als ein Glücksfall, da er alle Punkte unseres Profils abgedeckt hat. Wir wollten einen jungen Trainer haben, der sich beweisen möchte und eine moderne Eishockey-Philosophie vertritt. Vorgezogen wurde ein Kadier, da Englisch ein wichtiger Faktor ist. Wir haben viele Kandidaten nach Wien eingeladen. Serge Aubin hat aber alle Punkte erfüllt und so gesehen war er ein Glücksfall.
Sportreport: Mit wie vielen Kandidaten haben die Vienna Capitals vorher gesprochen?
Franz Kalla: In Wien auf Besuch zu klaren Gesprächen waren zwei Kandidaten. Vorab haben wir auch drei telefonische Interviews geführt, um abzuklären ob diese interessant sind für uns.
Sportreport: Serge Aubin ist jetzt da. Das Training und Feedback waren sehr positiv. Wie läuft die Zusammenarbeit mit ihm ab? Denn vom Typ her ist er komplett anders als Jim Boni.
Franz Kalla: Absolut, das ist richtig! Serge ist ein ganz anderer Typ, auch von seiner Philosophie her und vom Coaching. Wir haben auch ein deutlich jüngeres Team zusammengestellt. Der Altersdurchschnitt ist deutlich gesunken. Wir haben viel mehr auf die Geschwindigkeit des Teams Wert gelegt.
Sportreport: Wie schwierig ist es, das Eissportzentrum Kagran nach kaufmännischen Maßstäben zu führen und gleichzeitig auch die unterklassigen Clubs zufrieden zu stellen. Denn die Preiserhöhung hat doch sehr hohe Wellen geschlagen.
Franz Kalla: Es gibt in Österreich zwei Dinge, die man sehr, sehr schwer deckungsgleich führen kann. Es ist so, dass wir hier einen öffentlichen Auftrag erfüllen. Das betrifft unter anderem Publikumseislaufen, wo auch Kindergärten und Schulen kommen, die ab Oktober/November gratis eislaufen können. Dennoch muss man ein Minimum an Kosten abdecken. Wir haben die Preise erhöht. Im Nachwuchs kostet eine Stunde Eiszeit 48 Euro. Das ist hochgerechnet pro Kind ein Betrag von 2,40 Euro/Stunde. Bei 20 Spielern am Eis im Erwachsenenbereich sind es 120 Euro . Also immer noch sehr, sehr moderate Tarife.
Sportreport: Fühlt man sich da teilweise auch öffentlich missverstanden? Denn es gab heftige Kritik an den Capitals und an ihrer Person.
Franz Kalla: Es ist logisch, dass jeder weniger zahlen will. Freiwillig zahlt keiner mehr. Was man sich manchmal wünscht, ist ein gewisses Augenmaß. Diejenigen, die die Kritik üben brauchen nur den Vergleich herziehen. In Zeiten wie diesen ist es ganz einfach, die Dinge zu vergleichen. Die Albert-Schultz Halle ist eine traumhafte Halle und eine moderne Sportanlage. Und wenn ich im Nachwuchs 48 Euro dafür bezahle, was es sonst in Österreich nicht einmal ansatzweise gibt. Denn überall sonst kosten Eiszeiten minimum das Doppelte. Man sollte das wertschätzen, was man hat und nicht darüber jammern, dass man jetzt ein wenig mehr bezahlt.
Im zweiten Teil des Interviews sind die Themen der Protest der Fanklubs, der Wartungserlass und ein Blick auf die bevorstehende Saison.
Das Gespräch führte Thomas Muck
10.08.2016