Sportreport blickt zurück auf 2016. Zu Beginn der Adventszeit stand Dominique Taboga vor dem Sportreport-Mikrofon Rede und Antwort. Im zweiten Teil des Gesprächs mit Thomas Muck und Dominik Hana ging es natürlich um Wettmanipulationen und die Vorbeugung dagegen, sein Image und wie er die Lage im heimischen Fußball sieht.
Sportreport: Wie kann man dem Problem der Manipulation am ehesten entgegenwirken? Sie sind jetzt kein Einzelfall. Auch in der Vergangenheit gab es Spielmanipulationen.
Dominique Taboga: Ausschalten wird man es nicht können. Es ist so wie Doping: Jeder weiß, dass es schädlich ist und dennoch wird es immer wieder gemacht. Das einzige, was mich ärgert ist das nichts dagegen getan wird. Ich versuche jetzt den ersten Schritt mit meinem Buch zu machen und dadurch mehr Aufklärungsarbeit zu leisten. Denn in Wahrheit weiß keiner so genau, wie das abläuft oder in welche Situationen dann die Spieler kommen. Da gehört einfach viel mehr Aufklärungsarbeit geleistet.
Sportreport: Wurden Sie von bestimmten Initiativen angesprochen, die gegen Wettmanipulation vorgehen? Da gibt es ja von der FIFA den Fair-Play Code.
Dominique Taboga: Also ich habe mit dem Fair-Play Code zusammengearbeitet. Wir haben einen Werbespot gedreht. Der hätte vorige Saison vier oder fünf Runden vor Schluss in den Stadien ausgestrahlt werden sollen. Auch vor der EM hätte er im Fernsehen ausgestrahlt werden sollen. Die Bundesliga hat das als gute Idee empfunden. Aber die Bundesliga muss die Vereine fragen. 19 von 20 Vereine haben sich dagegen ausgesprochen. Sie wollten mir keine zusätzliche Plattform geben. Das meine ich damit, wenn ich sage dass da einfach zu wenig getan wird. Der Fair-Play Code ist eine gute Sache, aber leider sind denen auch die Hände gebunden. Ich hoffe, dass sich das in Zukunft ändern wird. Ich glaube es aber ehrlich gesagt nicht.
Sportreport: Man hört ein wenig zwischen den Zeilen eine gewisse Enttäuschung, das bei dem in Wahrheit sehr sensiblen Thema wenig gemacht wird. Täuscht der Eindruck?
Dominique Taboga: Nein, es ärgert mich sogar! Es wird sehr viel über Rassismus und Doping im Sport berichtet. Aber die Manipulation ist auch für mich ein sehr großes Problem im Sport. Aus meiner Sicht wird es auch mehr werden, weil man auch mehr auf Einzelsportarten wetten kann. Das ärgert mich! Es muss aber auch jemand erzählen, der mittendrin war. Ich habe mich zur Verfügung gestellt. Diese Hilfe wird aber nicht angenommen.
Sportreport: Gibt es einen Ratschlag für einen betroffenen Sportler?
Dominique Taboga: Einfach den Mut haben, egal von wem man angesprochen wird. Einfach den Mut zu haben aufzustehen und zu sagen: „Du, ich bin jetzt angesprochen worden!“. Noch dazu den Verein, den Verband zu informieren und zur Polizei zu gehen.
Sportreport:In Salzburg ist vor wenigen Tagen ein ehemaliger Bundesliga-Profi verurteilt worden. Wie gehen sie mit solchen Nachrichten um?
Dominique Taboga: Es ist für mich keine große Überraschung, dass da immer wieder was kommen wird. Das Thema wird immer präsent sein und immer wieder jemanden erwischen. Es war vor meiner Geschichte schon ein Thema und es wird auch nach mir auf jeden Fall so bleiben.
Im Interview mit ServusTV haben sie die Zeit in der ersten Division angesprochen und das diese Liga für solche Sachen sehr gefährlich ist. Jetzt gibt es die Ligareform, wo die Kluft noch größer wird. Sehen sie die Gefahr da als noch größer an?
Dominique Taboga: Auf jeden Fall! Wie ich das gelesen habe mit „Halb-Amateure“ oder „Amateurbetrieb“ oder eben eine Mischung ist für mich ganz klar, dass das eine sehr große Gefahr in sich hat. Das fängt schon mit dem Kollektivvertrag für Jungprofis an, der bei 1.100 Euro Brutto liegt. Amateure kriegen überhaupt nur eine Aufwandsentschädigung. Also aus meiner Sicht ist das eine sehr große Gefahr.
Sportreport: Wenn sie etwas im Fußball ändern könnten. Was wäre es?
Dominique Taboga: Aus meiner Sicht gibt es sehr, sehr viele Dinge zu ändern. Da gibt es nicht nur den Wettsumpf oder Schwarzgeld. Da gibt es sehr, sehr viele Punkte die geändert gehören müssen. Man sieht es von ganz oben. FIFA, UEFA wenn man sieht wie das korrupt abläuft. Wieso soll es da unten anders sein? Es gehören sehr viele Strukturen geändert. Vielleicht auch neue Leute in den ÖFB hinein und an die Macht oder einfach mal ausgetauscht. Keine Ahnung! Da hab ich vielleicht auch nicht den 100 Prozentigen Einblick. Aber es gehört mal was geändert.
Sportreport: Würden Sie sich selbst als „bad boy“ des heimischen Fußballs bezeichnen? Was können sie mit solchen Bezeichnungen anfangen oder ist ihnen das egal?
Dominique Taboga: „Bad Boy“ ist es vielleicht etwas weit hergeholt. Der Ausdruck hat für mich nichts mit dem Wettskandal sondern mit Rauferein oder anderen Dingen zu tun. Ich weiß aber, dass ich in der Fußballwelt nicht gerne gesehen bin. Aber mit dem lebe ich und habe überhaupt kein Problem wenn ich als „Bad Boy“ bezeichnet werde. Ich weiß aber, dass ich zu dem Zeitpunkt definitiv der meist gehasste Spieler im österreichischen Fußball war.
Sportreport: Wie geht man dann damit um? In Zeiten von sozialen Netzwerken ist die Höhe der Gürtellinie „sehr variabel“…
Dominique Taboga: Schon in meiner aktiven Karriere waren soziale Netzwerke und Fanforen da versteckt man sich zum Teil hinter einen Pseudonym. Da ist man stark wenn man daheim am Laptop sitzt und etwas hineinschreibt. Da ist man nicht von Angesicht zu Angesicht. Das war schon in meiner aktiven Karriere so, dass mir nur sehr, sehr wenige Leute gesagt haben das ich „Oarsch“ oder eine „Katastrophe“ war. Das war auch während der Wettskandalzeit genauso. Mich haben keine Leute persönlich beschimpft. In den Foren haben sie mich alles „geheißen“. Da bin ich auf das übelste beschimpft worden. Von Angesicht zu Angesicht hat das keiner gemacht, muss ich ganz ehrlich sagen.
Sportreport: Wird bzw. wurde durch diese Zeit dann nicht auch die Haut dicker und die so genannten „Nehmerqualität“ eine andere?
Dominique Taboga: Ob die Haut dicker wird? Die war schon dick muss ich ganz ehrlich sagen! Ich bin so erzogen worden. Was andere über mich denken ist mir unter Anführungszeichen „egal“. Mein näheres Umfeld ist mir sehr, sehr wichtig was ihre Meinung über mich ist. Ob abseits davon jemand „gut“ oder „blöd“ redet ist mir ehrlich gesagt wurscht. Wichtig ist mir was die Leute von Angesicht zu Angesicht sagen. Alles andere nicht! Dicker ist meine Haut nicht geworden.
Sportreport: Hat sich Dominique Taboga von der Öffentlichkeit fair behandelt gefühlt oder gab es auch eine Form der öffentlichen Vorverteilung während des Wettskandals?
Dominique Taboga: Ich habe immer wieder gesagt , dass ich im Zusammenhang mit dem Wettskandal Medien nicht beurteilen möchte. Ich hab mich da sehr rausgehalten. Ich habe damals eine „Geschichte“ gemacht und die war mit ServusTV. Das war nach meiner Untersuchungshaft. In der Zeit wie es rausgekommen ist und während der Untersuchungshaft ist kein Anwalt von mir aufgetreten. Ich bin auch nicht aufgetreten außer dem einen Mal. Die, die über mich urteilen haben sich das zum Beispiel aus den Protokollen herausziehen müssen. Ich mache ihnen keinen Vorwurf. Ungerecht behandelt gefühlt? Durch den Prozess wird sich das Bild wieder etwas drehen habe ich mir immer gesagt und genauso war es auch der Fall. Es hat sich etwas zum positiven gewandt. Ich möchte meinen Fehler nicht schönreden und möchte auch nicht als Heiliger dastehen. Ich war ein Betrüger! Ich habe einen Fehler gemacht aber ich möchte erklären warum er passiert ist. Schönreden möchte ich trotzdem nichts.
Sportreport: Persönlich habe ich ihm Gespräch das Gefühl das sich die Relationen in ihrem Leben gewaltig verschoben haben. Täuscht der Eindruck?
Dominique Taboga: Die haben sich verschieben müssen! Das Leben als Fußballprofi… Naja, ich war vorbereitet auf das Ende als Fußballprofi. Bis die Blase geplatzt ist war nur eine Frage der Zeit. Bis alles aufkommt und ich zur Polizei muss usw. Deswegen war ich ja aus meiner Sicht gut vorbereitet auf diesen Punkt. Bei mir ist das immer so eine Sache. Wenn ich etwas beende dann ist es für mich abgeschlossen. Ich träume da jetzt nicht mehr. „Was wäre wenn“ das nicht gewesen wäre. Oder „stehe ich jetzt noch am Fußballplatz“ oder „wäre ich jetzt noch Profi“ gibt es bei mir nicht. Für mich ist das abgehakt. Ich hab das realisiert, dass ich ein neues Leben anfangen musste. Ich bin mit meinem Leben sehr, sehr zufrieden. Deswegen trauere ich da jetzt nicht nach.
Sportreport: Wo sehen sie sich in fünf Jahren?
Dominique Taboga: Schwer zu sagen! Für mich der nächste sehr wichtige Lebensabschnitt ist, dass ich endlich die Fußfessel bekomme und sie dann auch ablege. Wenn ich sie dann abgelegt habe wird es mit Sicherheit eine Neuorientierung geben in meinem Leben. In welche Richtung es geht kann ich nicht sagen weil ich es nicht weiß! Das mit der Fußfessel dauert noch. Es kann sein, dass ich in meinem aktuellen Job bleibe. Es kann sein, dass ich Sportjournalist werde. Der nächste wichtige Schritt ist die Fußfessel abzulegen und dann geht es an den nächsten Karriereschritt und die weitere Lebensplanung.
Sportreport: Wie sehen sie die Lage im österreichischen Fußball. Auf Vereinsebene und bewerten sie die Lage des Nationalteams Ende 2016?
Dominique Taboga: Der österreichische Fußball hat kein positives Licht in der Öffentlichkeit. Es hat zwar ein kurzes Aufflackern durch die Nationalmannschaft gegeben aufgrund der Erfolge rund um die EM-Qualifikation. Die EM war natürlich alles andere als positiv, obwohl es überhaupt ein riesen Erfolg war, dass wir uns qualifiziert haben. Man hat sich zum ersten Mal sportlich für eine EM qualifiziert und da redet man schon von einem Halbfinale oder gar von einem Finale. Das ist aus meiner Sicht unverschämt, weil man überhaupt zufrieden sein muss wenn man sich qualifiziert. Natürlich wäre in der Gruppe mehr drinnen gewesen, man sollte aber zufrieden sein. Der österreichische Fußball tut sich aus meiner Sicht mit der Ligareform keinen Gefallen, obwohl man ihm trotzdem eine Chance geben muss. Auf dem Papier liest sich das katastrophal, aber vielleicht entwickelt es sich in eine gute Richtung. Was das Nationalteam angeht, so ist meiner Meinung nach die WM-Qualifikation vorbei. Man sollte eher die jungen Leute wie Alessandro Schöpf aufbauen. Marc Janko ist noch immer top, aber leider sehr verletzungsanfällig. Trotzdem darf man nicht alles schlecht reden, was in den letzten Spielen passiert ist.
Sportreport: Weihnachten steht vor der Tür. Was wünscht sich der Ex-Fußballprofi Dominique Taboga und was wünscht sich die Privatperson?
Dominique Taboga: Als Ex-Fußballprofi habe ich keine Wünsche mehr! Das Kapitel ist für mich abgeschlossen. Der Zug ist abgefahren. Es wird nie mehr einen Fußballprofi Taboga mehr geben. Dementsprechend gibt es hier keine Wünsche.
Die Privatperson wünscht sich, dass alle Personen im Umfeld gesund bleiben. Das meine Kinder in Ruhe aufwachsen können. Das sie gesund bleiben und eine gute Entwicklung machen. Das die Freundin gesund bleibt und das Leben so weiter geht wie es in der letzten Zeit gelaufen ist.
02.01.2017