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ÖEHV-Teamchef Roger Bader stand Sportreport vor dem Vier-Nationen-Turnier in Dänemark Rede und Antwort. Dominik Hana sprach mit dem Schweizer über das bevorstehende Turnier, Olympia ohne NHL-Stars und die Entwicklung im österreichischen Eishockey.

Sportreport: Herr Bader, aus aktuellem Anlass. Die Olympischen Spiele gehen ohne die NHL-Stars über die Bühne. Wie stehen Sie zu diesem Thema?
Roger Bader: Ja ich finde das sehr, sehr schade! Für mich und wahrscheinlich auch für viele andere sportbegeisterte Menschen sind die Olympischen Spiele das Größte, was ein Sportler erreichen kann. Es findet nur alle vier Jahre statt. Es ist höher zu bewerten als eine Weltmeisterschaft. Ich glaube da würden 90 %, wenn nicht sogar 100 % der Sportler meine Aussage unterschreiben. Dass man aus Business-Gründen den NHL-Spielern die Olympischen Spiele verwehrt hat finde ich sehr schade und bedauerlich.

Sportreport: Kommen wir zum österreichischen Nationalteam. Da steht jetzt das Vier-Nationen-Turnier auf dem Programm. Mit welchen Erwartungen reist ihr Team nach Dänemark?
Roger Bader: Ich habe die Erwartung, dass wir drei gute Spiele absolvieren können. Gegen drei gute Gegner, die es gewohnt sind in der A-Gruppe zu spielen um auch so auf dieses Niveau zu kommen. Ich bin sehr froh, dass wir auf solche Gegner treffen. Ich hoffe, dass wir uns als Mannschaft weiterentwickeln, um die Intensität und das Tempo, das in solchen Spielen drinnen ist adaptieren können und das wir auch lernen, gegen solche Gegner zu gewinnen. Darüber hinaus findet auch eine Spielerselektion im Hinblick auf die WM statt. Diese drei Spiele helfen mir und meinem Staff zu überprüfen, welche Spieler auf diesem Niveau gut performen können.

Sportreport: Welchen Eindruck hat die Mannschaft bislang hinterlassen?
Roger Bader: Wir sind noch nicht so lange zusammen. Wir haben uns Montag getroffen. Wir hatten zunächst einen eisfreien Tag. Wir haben in physischen Bereich gearbeitet. Am Dienstag hatten wir dann zwei Einheiten auf dem Eis. Da muss sich die Mannschaft immer zuerst finden. Die Spieler kommen aus insgesamt elf Clubs, die in fünf verschiedenen Ligen spielen. Sie kommen zusammen und wollen sich zu einem Team formieren. Dafür ist immer der erste Eistag da, wo wir immer zwei Einheiten haben. Das ist sehr wichtig! Ich bin aber sehr zufrieden, was ich im Training gesehen habe.

Sportreport: Jetzt hat es sechs Absagen gegeben. Wie kompliziert macht das auch Ihre Planung im Hinblick auf das Vier-Nationen-Turnier?
Roger Bader: Das ist halt einfach „daily business“ für einen Nationalcoach, dass man auch mit Ausfällen kurzfristiger Art zu rechnen hat. Am Samstag und Sonntag war noch eine Runde. Ich schaue immer gespannt auf das Handy, wer mich nach den Spielen noch anruft. Das ist einfach so. Ich weiß aber auch, dass das auch bei anderen Nationaltrainern der Fall ist. Es ist so, wie es ist und man muss dann einfach das Beste daraus amchen. Dafür hat man auch eine Abrufliste. Man hat auch die Gelegenheit, andere Kandidaten zu testen. Man kann das immer positiv und negativ sehen. Ich sehe das positiv. Es gibt die Möglichkeit für andere Spieler sich zu zeigen.

Sportreport: Frankreich wird auch ein Gegner beim Vier-Nationen-Turnier sein. Für viele ist Frankreich der Gegner um den Klassenerhalt. Sehen Sie das auch so?
Roger Bader: Ja was heißt der Gegner. Man darf nicht vergessen: Frankreich hat bei der Heim-WM zehn Punkte gemacht. Ich glaube, dass muss man zuerst mal machen. Sie waren nahe am Viertelfinale. Das ist eine Nation, die seit zehn Jahren in der A-Gruppe ist. Wenn man sich jetzt ausrechnet, dass Frankreich die Mannschaft ist die man vielleicht hinter sich bringen kann dann muss man wissen, was man da hinter sich bringt. Wie gesagt: 10 Punkte im letzten Jahr, seit zehn Jahren in der A-Gruppe! Also so einfach ist das nicht. Wie alle Aufsteiger in den letzten Jahren sind wir krasser Außenseiter. Irgendwann wird ein Aufsteiger es schaffen, einen der etablierten Mannschaften runterzukriegen. Wir hoffen natürlich, dass wir das in diesem Jahr sind. Es wird aber eine sehr schwierige Aufgabe. Auf dem Papier denkt man vielleicht, dass Frankreich der Gegner sein könnte. Aber vielleicht ist es am Ende jemand anderer.

Sportreport: Sie haben vor wenigen Tagen RB Leipzig besucht. Welche Erkentnisse konnten Sie aus ihrem Besuch in Deutschland ziehen?
Roger Bader: Ich möchte das eigentlich gar nicht an die große Glocke hängen. Es ist ja nicht das erste Mal, dass ich so etwas tue. Ich mache das schon seit vielen Jahren, dass ich über den Tellerrand hinausblicke und mich auch bei anderen Sportarten informiere. Fußball ist sicher am präsentesten. Aber ich interessiere mich auch für Handball und Basketball und schaue auch denen über die Schulter. Man kann immer was lernen, sogar in anderen Bereichen die nichts mit Sport zu tun haben. Ich bin ständig dabei, mich auch als Trainerpersönlichkeit weiterzuentwickeln. Von daher mache ich immer wieder solche Besuche. Diesmal war es eben RB Leipzig.

Sportreport: Was kann das österreichische Eishockey-Nationalteam vom Fußball-Nationalteam bzw. generell von anderen Sportarten lernen?
Roger Bader: So konkret kann man die Frage nicht beantworten. Es ist einfach so, dass es viele Paralellen gibt. Im Fußball geht es auch darum, den Ball zu erobern. Bei uns ist es der Puck, bei ihnen ist es der Ball. Wenn man den Ball bzw. den Puck gewonnen hat, geht es darum möglichst gescheit und schnell damit umzugehen damit ein Tor entsteht. Die Mittel sind verschieden. Wir haben Eislaufschuhe, sie nicht. Wir haben Banden, sie nicht. Sie haben dafür elf Spieler, wir nur fünf. Aber das Prinzip ist dasselbe. Es geht darum, dem Gegner den Ball wegzunehmen und schnell umzuschalten um eine Torchance zu kreieren. Da ist es einfach meine Art, dass ich durchaus mal einen größeren Fokus habe als nur im kleinen Bild zu bleiben und manchmal eben auch schaue, wie das beispielsweise andere Coaches in anderen Sportarten an diese Aufgabe herangehen.

Sportreport: Kommen wir generell zur Entwicklung im österreichischen Eishockey. Sie nehmen immer gerne die Schweiz als Beispiel. In einem Interview haben Sie gemeint, dass Österreich und die Schweiz im Eishockey bis 1996 auf Augenhöhe waren. Was ist danach aus Ihrer Sicht schiefgelaufen? Warum ist die Entwicklungsschere so außeinandergegangen?
Roger Bader: Na gut, das sind jetzt mehrere Fragen auf einmal. Zunächst einmal nehme ich die Schweiz deshalb als Beispiel, weil ich mich dort am Besten auskenne. Ich nehme aber nicht nur die Schweiz als Beispiel. Als Sportdirektor ist es auch meine Aufgabe zu überprüfen, was die anderen Nationen machen und zu schauen, wo wir fortschrittlich sind und wo wir noch Rückstände haben. Das ist aber auch in der Geschäftswelt so. Wenn man irgendwo hinkommen will, dann schaut man was die machen die schon dort sind wo man hinkomen möchte. Dass ich die Schweiz am Besten beurteilen kann liegt auch daran, weil ich aus der Schweiz komme und mich da auskenne. Ich selbst war dort im Verband jahrelang als Nationaltrainer tätig. Sie sind unser Nachbarland, sprechen die gleiche Sprache und haben ein ähnliches Schulsystem. Wir können uns dort also einiges anschauen. Was schiefgelaufen ist, kann ich nicht beurteilen. Ich glaube, dass Österreich auch vieles gut gemacht hat. Die Schweiz hat 1994 alles hinterfragt. Ich weiß das, da ich teilweise in diesem Prozess involviert war. Sie haben jeden Stein umgedreht, sich Fragen gestellt. Man hat dann geschaut, was jene Mannschaften machen die schon unter den Top 8 sind. Dann hat man es nicht einfach kopiert, sondern hat es auf Schweizer Verhältnisse umgemünzt. Unser Ziel in Österreich ist es, mittelfristig eine Top 12-Nation zu werden. Also schauen wir uns logischerweise an, was jene Mannschaften machen die bereits in den Top 12 sind. Wo können wir was lernen? Wo sind wir schon soweit und wo noch nicht? Das ist ein ständiger Überprüfungsmechanismus, denn man aber nicht nur im Sport macht. Ich möchte auch nur in die Zukunft schauen.

Sportreport: Apropos Schweiz. Ihr Sohn Thierry Bader hat Anfang Februar sein erstes Tor in der National League erzielt. Wie haben Sie das wahrgenommen und wie stolz hat sie das als Vater gemacht?
Roger Bader: Es ist ja klar, dass mich das als Papa stolz macht. Das geht glaube ich jedem Vater so. Es war für mich noch besonders, weil ich auch im Stadion war. Ich bin jetzt viel häufiger in Österreich als in der Schweiz und sehe die meisten Spiele von meinem Sohn nur im Fernsehen oder gar nicht. Ich sehe nur ganz wenige Spiele live und das er ausgerechnet ein Tor schießt, wenn ich im Stadion bin war für mich natürlich besonders schön. Es freut mich aber für ihn. Er hatte immer sehr viele Torchancen, die aber nie reingegangen ist. Jetzt hat er plötzlich ein schönes Tor geschossen.

Sportreport: Wie stehen Sie ihm mit Rat und Tat zur Seite und wie gestaltet sich der Kontakt aus der Entfernung?
Roger Bader: Natürlich stehe ich ihm zum einen als Vater mit Rat und Tat zur Seite. Nicht nur was Eishockey betrifft. Als Vater ist man immer Berater im Leben eines Sohnes. In meiner speziellen Funktion als professioneller Eishockeycoach versuche ich im auch da Ratschläge zu geben. Es ist aber natürlich so, dass er seinen eigenen Weg gehen will und er ja auch seinen eigenen Coach hat. Darum bespricht er die Dinge mit mir, aber grundsätzlich muss ich auch aufpassen, dass ich ihm nicht zu viele Ratschläge gebe. Er will ja auch seinen eigenen Weg gehen.

Sportreport: Zurück zum österreichischen Eishockey. Es ist gelungen, dass U17 Nationalteam zu installieren. Welche Erwartungen haben Sie an dieses Team?
Roger Bader: Ich würde noch nicht soweit gehen und sagen, dass das U17 Nationalteam installiert ist. Wir haben nur ein Turnier gespielt, respektive nur eine Aktivität gehabt. Im Dezember wurden wir kurzfristig von den Deutschen angefragt, ob wir gegen sie zwei Spiele spielen. Gott sei Dank konnte es finanziert und verwirklicht werden. Das wollen wir nächstes Jahr auch wieder machen. Eine U17 installieren würde für mich bedeuten, dass wir mit dieser Mannschaft in jedem IIHF Break ein Turnier haben. Davon sind wir noch weit entfernt.

Sportreport: Eine Frage zur EBEL. Da gibt es aktuell mit Markus Peintner beim VSV nur einen österreichischen Coach. Wie sehen Sie das als Sportdirektor des ÖEHV?
Roger Bader: Natürlich wäre es wünschenswert, wenn mehr einheimische Leute auf allen Leistungsstufen zum Einsatz kommen. Ich weiß aber, dass das nicht so einfach ist. Es ist in der Schweiz dasselbe. Da kommen zwar mehr Schweizer als Einheimische in Österreich zum Einsatz, aber auch zu wenig. Das wird also auch dort bemängelt. Es ist manchmal so, dass der einheimische Ruf nicht so gehört wird wie wenn jeman von einer fremden Nation kommt. Wenn er von einer sogenannten besseren Eishockey-Nation kommt, dann glaubt man das er glaubwürdiger ist. Die Österreicher müssen sich halt beweisen und die Chancen, die sie bekommen auch nutzen. Ich persönlich bin aber für den Markus, der mein Assistenztrainer ist sehr froh, dass er diese Erfahrung machen kann.

14.02.2018