Christian Ilzer über seinen Wechsel zu Sturm Graz: „Ein halbes Jahr später kann ich nur sagen: Es war die absolut richtige Entscheidung für mich“

© Sportreport

Der Free-to-Air Montag auf Sky: Zu Gast bei „Talk & Tore“ waren Christian Ilzer, Trainer SK Sturm Graz, WAC-Spieler Michael Liendl und TV Experte Andreas Herzog.

Alle Stimmen zu „Talk & Tore“

Christian Ilzer (Trainer SK Sturm Graz):
… auf die Frage, ob sich bei Sturm im Wintertransferfenster noch was tun könnte: „Könnte! Wenn wir das umsetzen können, was wir jetzt so in unseren Köpfen haben, dann könnte möglicherweise noch was passieren. Aber es ist überhaupt nicht zwingend. Wir werden sicher nicht die Variante E, F oder G machen. Wir haben ganz klare Vorstellungen. Wir haben einen Kader, der funktioniert. Wir haben Spieler, die sich wirklich durch ihre Leistungen so gezeigt haben, dass wir ihnen einfach auch weiter das Vertrauen schenken. (… ) Unser Team funktioniert. Und man darf auch nie vergessen, jede Neuerwerbung sorgt für mindestens zwei unzufriedene Spieler: Einer, der dann nicht spielt und einer, der dann nicht im Kader ist. Also wollen wir uns das Schema, auch was die Struktur in unserer Mannschaft betrifft, sehr, sehr genau überlegen. Und wenn, dann muss der wirklich schnell funktionieren.“

… auf die Frage, ob der Schritt zu Sturm der absolut richtige gewesen sei: „Ja, sicher. Aber wie gesagt, es war dann jeder Schritt, den ich gemacht habe, jede Mannschaft, die ich trainiert habe, für mich persönlich wichtig. Auch wenn schwierigere Jahre dabei waren, brauchst du das wahrscheinlich auch einmal im Laufe einer Karriere, dass du mit Misserfolg umgehen kannst, dass du durch schwierige Phasen durchgehen kannst, aus Fehlern lernst und die Erfahrungen mitnimmst. Ich habe in einer schwierigen Phase meiner Trainerkarriere die Möglichkeit gekriegt, den SK Sturm zu trainieren und ich bin sehr dankbar für diese Chance gewesen. Und ein halbes Jahr später kann ich nur sagen: Es war die absolut richtige Entscheidung für mich.“

… darüber, dass er in der Bundesliga bisher immer nach einem Jahr den Verein verlassen hat und ob das bei Sturm auch so sein wird: „Ich bin kein Hellseher. Ich habe aber zumindest absolut vor, dass ich sehr lange bei Sturm Graz bleibe. Ich fühle mich super wohl hier, wir haben noch viel vor. Wir haben jetzt ein bisschen eine holprige Phase, im Herbst hatten wir einen überragenden Lauf – ich denke, wir stehen jetzt genau dort, wo wir auch hingehören.“

… über sein gutes Verhältnis zu Sportdirektor Andreas Schicker: „Jeder hat eine klare Meinung, aber wir denken trotzdem sehr, sehr ähnlich über Fußball. Wir sitzen fast täglich zusammen und unterhalten uns über die verschiedensten Dinge. Es ist ein sehr intensiver Austausch, wir legen unsere Ideen auf den Tisch, wir diskutieren unsere Ideen. Gewisse Dinge, die kritisch zu beäugen sind, die behandeln wir auch kritisch. Genauso stelle ich mir eine produktive, gewinnbringende Zusammenarbeit vor. Ich schätze Andi von der fachlichen sowie auch von der menschlichen Ebene sehr.“

… darüber, was er aus seinem Engagement bei der Austria lernen konnte und nach Graz mitnehmen konnte: „Ich bin in letzter Zeit sehr, sehr oft auf die Austria angesprochen worden. Ich habe es noch nicht ganz weggebracht vom Tisch. Es ist für mich jetzt gedanklich schon ähnlich weit weg wie Hartberg oder der WAC, weil ich so mitten drinnen bei Sturm Graz bin. Es waren natürlich enorm viele Dinge, die ich bei der Austria oder in dem Jahr gelernt habe. Es war erstmal richtig Krisenmanagement gefragt, es war große Flexibilität gefragt, auch mit Misserfolg umzugehen. Man lernt auch über sich selbst einiges. Man darf Fehler machen und man muss aus Fehlern lernen. Es dürfen halt nicht so viele passieren, damit du nicht aus dem Spiel geworfen wirst. Und wenn dir das gelingt, dann glaube ich, kannst du den Schritt für dich selbst als erfolgreichen Schritt einordnen. Wobei, wenn man das Jahr im Rückspiegel betrachtet, dann haben wir es schon geschafft die Mannschaft zu stabilisieren, viele junge Spieler einzubauen und wir sind auch ergebnistechnisch viel stabiler geworden. Also man hat schon Schritte, auch wenn es nur sehr kleine waren, nach vorne bemerkt. Insgesamt für die Außendarstellung, für die Vorstellungen des Klubs, war es dann auch einfach zu wenig – wahrscheinlich auch für das, was ich mir erwartet habe. Deswegen kann man es dann als persönliche Niederlage einordnen, aber ich habe genügend Lehren mitgenommen. Also von dem her bin ich für mich als Trainerpersönlichkeit sicher gewachsen dadurch.“

… über den Abgang von Emeka Eze: „Ich freue mich für ihn, dass er jetzt endlich wieder einen Verein gefunden hat, wo er hoffentlich wieder voll angreifen kann. Wir haben diese Entscheidung im Sommer getroffen und das haben wir ihm so mitgeteilt. Wie gesagt, wir haben diese Themen sehr intensiv ausdiskutiert, haben uns dann für einen Weg im Sommer entschieden, was die Personalsituation betrifft und ich finde, wenn man solche Entscheidungen trifft, dann sollte man sie auch durchziehen.“

… über eine lustige Anekdote mit Andreas Herzog beim Trainerkurs: „Ich muss sagen, bei der A-Lizenz hat mich der Andi so ein bisschen durchgerettet. Ich habe mir zwei Tage bevor der A-Lizenzkurs begonnen hat das Kreuzband gerissen. Dann komme ich am Montag zum Kurs und wenn ich das sage, dann bin ich wahrscheinlich draußen. Und dann sagen sie, und der Andi auch, zu mir: Das machen wir schon, wir schleppen dich schon irgendwie durch. In der ersten Woche hat er mir immer die Bälle in den Wald runtergeschossen und ich bin sie holen gegangen. Und so bin ich dann irgendwie über die praktischen Übungen drüber gekommen. Und in der zweiten Woche war ich dann im Tor. Also noch einmal danke (lacht).“

Michael Liendl (Spieler WAC):
… über seine weitere sportliche Zukunft: „Wenn ich im Oktober 36 Jahre werde, dann sind das natürlich keine 20 mehr. Aber ich denke einfach, dass man es nicht auf das Alter runterbrechen kann. Es geht am Ende einfach um Leistung. Ich kann mich noch erinnern: Mit Christian (Ilzer, Anm.) habe ich, als wir noch zusammen beim WAC waren, ein Gespräch geführt. Als er mich gefragt hat wegen einer Verlängerung und wie es dann aussieht, wenn man vielleicht nicht mehr spielt, habe ich erwidert: ,Es ist grundsätzlich kein Thema für mich, wenn es dann irgendwann einmal so sein sollte, dass man nicht spielt. Aber nur, wenn man dann auch vielleicht schlechter ist als der andere und nicht nur ein Junger spielt, weil er jung ist. Sondern einfach nur, weil er vielleicht besser ist. Dann ist das für mich kein Thema.‘ Aber ich denke jetzt, wenn man sich die Zahlen ansieht, die ich in den letzten Jahren geliefert habe, dann geht es jetzt nicht zwingend ums Alter.“

… auf die Frage, ob es sein primäres Ziel sei, noch über die Saison hinaus zu spielen: „Ich sehe keinen Grund, warum das jetzt nicht so sein sollte und mein Körper gibt mir auch noch keine Zeichen aufzuhören. Deswegen spricht nichts dagegen.“

… über eine mögliche Zukunft beim WAC nach seiner sportlichen Karriere: „Er (Präsident Riegler, Anm.) hat es mal angedeutet. Grundsätzlich hat es kein Gespräch gegeben, auch nicht über eine mögliche Vertragsverlängerung oder nicht. Ich weiß nicht, wie es der Präsident dann handhabt, aber das werden wir dann sehen. Ich bin offen für alles. Ich war in meiner ganzen Karriere schon immer für alles offen, ich habe nie etwas ausgeschlossen. (… ) Ich will mich da jetzt nicht irgendwo eingliedern und sagen, dass will ich unbedingt machen. Das Einzige, das ich machen will und hoffentlich auch werde, ist, im Fußball tätig zu bleiben. Weil mir der Sport über die Jahre hinweg so viel gegeben hat, wie nichts anderes. Deswegen hoffe ich einfach nur, dass ich im Fußballbereich tätig bleiben darf.“

… über die Tatsache, dass er am Wochenende zum ersten Mal in dieser Saison nicht in der Startelf stand: „Grundsätzlich hat er (Anm.: Trainer Ferdinand Feldhofer) es mir erklärt, warum und weshalb. Am Ende gilt es als Spieler das dann auch zu akzeptieren. Das heißt noch lange nicht, dass ich deswegen sage, dass ich es befürworte. Klar war, dass ich extrem viele Spiele gemacht habe und deswegen wollte er mir jetzt einmal eine kleine Pause geben. Wie gesagt, das muss man akzeptieren, ob man es dann am Ende versteht als Spieler, ist immer ein ganz anderes Thema. Aber ich bin dann am Ende froh, dass ich reingekommen bin und dass ich mit dem Tor der Mannschaft noch helfen konnte.“

… über den heute fixierten WAC-Neuzugang Gustav Henriksson und die Tatsache, dass der WAC nun eine Vielzahl an Verteidiger zur Verfügung hat: „Ich habe schon gewusst, dass wir das ein oder andere vielleicht noch machen wollen. Und auf dieser Position vielleicht auch. Aber grundsätzlich die Personalie an sich kenne ich auch nicht, ich kenne ihn nicht als Spieler. Der Verein wird sich dabei etwas gedacht haben. Konkurrenz belebt das Geschäft. Natürlich ist es so, dass wir eigentlich vier Innenverteidiger auf dieser Position haben. Aber wenn du dann vielleicht einen Spieler kriegst, der dir jetzt sofort weiterhelfen kann, dann soll man vielleicht auch die Augen nicht davor verschließen. Und auch für die Zukunft: Im Sommer laufen auch die Verträge von dem ein oder anderen Spieler aus. Wie gesagt, der Verein wird sich etwas dabei gedacht haben.“

… darüber, ob Shon Weissman dem WAC vor allem mit Blick auf die vielen verpassten Torchancen fehlen würde: „Fehlen ist vielleicht das falsche Wort. Ich habe selten – beziehungsweise falls überhaupt – mit einem Spieler zusammengespielt, der vor dem Tor so ein Killer ist, wie es Shon war. Der für das Tor gestorben wäre. Er ist vielleicht nicht immer zu 100 Prozent mannschaftsdienlich, aber er wollte einfach immer Tore schieße, Tore schießen und wenn du 5:0 geführt hast, dann wollte er das Sechste und Siebte auch noch machen. Das war schon sehr beeindruckend. So einen Spieler zu verlieren, dann ist es natürlich so, dass er schon fehlt. Aber ich denke, wir haben schon richtig gute Stürmer jetzt mittlerweile wieder im Kader, die auch Tore schießen können und das auch schon bewiesen haben.“

… über seine drei Treffer gegen Feyenoord und die verpasste Möglichkeit auf seinen vierten Treffer: „Da scheiden sich die Geister. Die Einen sagen: Nimm doch den Elfmeter und mach‘ vier Tore, das schaffst du nie mehr. Die Anderen sagen: Das war menschlich ein sehr feiner Zug. Berghuis, der Kapitän von Feyenoord, hat zu mir im Spiel noch gesagt: ,Nimm doch du den Elfmeter. Vier Tore machst du nicht mehr.‘ Am Ende ist es so: Ich kann ganz gut mit dieser Entscheidung leben und muss nicht immer im Vordergrund stehen.“

… darüber, dass er vielleicht gerne noch einmal mit Zlatko Junuzovic zusammenspielen wollen würde: „Es wäre schön, es würde mich extrem freuen. Aber der ,Sladdi‘ hat ja gerade wieder seinen Vertrag verlängert und ich habe gar keinen Vertrag. Deswegen weiß ich nicht, wo die Richtung hingeht. Aber es wäre natürlich überragend, wenn wir uns irgendwo wieder mal treffen und wenn es nur im Amateurbereich ist, wäre es auch cool.“

… über seinen Ex-Trainer Christian Ilzer: „Was mir am meisten imponiert hat, war der absolute Siegeswille von ihm. Er hat von Anfang an eine komplett andere Mentalität in die Kabine reingebracht und das war am Ende auch entscheidend, dass wir auch diesen riesen Erfolg feiern durften. Das hat mich schon sehr, sehr beeindruckt.“

Andreas Herzog (TV Experte):
… darüber, wie er auf Christian Ilzer als Trainer aufmerksam wurde: „Bei der Trainerausbildung war er bei mir immer mit im Kurs. Und ich habe ihm den Spitznamen ,Der Herr Professor‘ gegeben, weil er einfach sehr interessante Anschauungen gehabt hat. Man ist natürlich Tag und Nacht zusammen und spricht sehr, sehr viel über den Fußball. Und da hat man schon gesehen, dass da ein junger Steirer dabei ist, der wirklich eine Riesenleidenschaft für den Fußball hat, auch neue Ideen hat, neue Visionen hat und das war für mich von Beginn an sehr, sehr interessant.“

… über Sturms Entwicklung im letzten halben Jahr unter Christian Ilzer: „Ich denke, dass der Grundstein im Sommer gelegt wurde. Erstens mit der Verpflichtung von Chris und dann auch mit der Kaderzusammenstellung. Ich habe mal ein interessantes Interview gelesen, in dem er gesagt hat, für ihn ist wichtig, dass er die Mannschaft von hinten aufstellt, dass die Defensive sehr, sehr stabil ist. Und das war im Herbst auch der nötige Rückhalt. (… ) Ich kann mir jetzt nicht vorstellen, dass sie um den Meistertitel mitspielen, aber sie sind auf dem richtigen Weg und unter die Top 3 traue ich ihnen allemal zu.“

… über den Spielertyp Michael Liendl: „Wenn man sieht, dass er einfach extrem viele Entscheidungen intuitiv trifft, einfach aus dem Bauchgefühl, mit seinem Gefühl für die Räume, mit seinem Gefühl in den Beinen, dann gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass in der Nachwuchsarbeit im österreichischen Fußball auf das auch wieder Wert gelegt wird. Ich will nicht sehen, dass Elf-, Zwölf-, Dreizehnjährige mit Taktik hin und her verschieben. Lasst die Kinder einfach Fußball spielen. Entwickelt wieder auf den Positionen, damit die Spieler eine Freude haben, viel probieren und ihnen nicht schon vorgegeben wird: ,Nein, du musst dir den Ball jetzt so mitnehmen und so.‘ Nein, lasst die Kinder das machen. Er ist das beste Beispiel dafür.“

Zlatko Junuzovic (Spieler FC Red Bull Salzburg) via Video zugeschaltet:
… über seine gute Freundschaft zu Michael Liendl sowie die gegenseitige Bezeichnung ,Gaucho‘: „Das ist in der Austria-Zeit entstanden. Da haben wir uns alle gegenseitig immer ,Gaucho‘ genannt. Das hat sich einfach so entwickelt mit den Jahren. Wir hatten eine super Truppe bei der Austria. (… ) Unsere Freundschaft hat bei der Austria angefangen und seit dieser Zeit sind wir regelmäßig in Kontakt geblieben. Wir haben ungefähr den selben Schmäh, wir verstehen uns gut.“

… über das Abenteuer Champions League mit Salzburg: „Die erste Saison Champions League war noch einmal phänomenaler, weil einfach die Stadien voll waren. Es war Emotion pur, es war Adrenalin drinnen. So habe ich es wirklich selten erlebt im Fußball. Aber auch diese Champions-League-Saison mit dieser Gruppe, mit diesen Mannschaften war überragend, aber leider waren die Stadien leer und von dem her ist es halt schwierig zu vergleichen. Aber wir sind sehr stolz auf unsere Spiele.“

Dietmar Riegler (Präsident WAC) in einem eingespielten Videobeitrag:
… über Michael Liendl: „Er war der Spieler im letzten Jahrzehnt oder überhaupt, der den WAC so weit gebracht hat – sowohl auf dem Platz als auch in der Kabine. Ohne ihn, das kann ich sicherlich behaupten, wäre der WAC nicht so weit gekommen. (… ) Er ist jetzt 36. Da wird man sich schon Gedanken machen, was danach passiert. Und ich möchte ihn unbedingt in den Verein irgendwie integrieren. Er ist ein Idol, er ist für die Jugend eine Bereicherung. Ich möchte ihn nach seiner Karriere unbedingt bei uns im Verein einsetzen.“

Presseinfo Sky Österreich

02.02.2021