© Sportreport

Der ehemalige österreichische Nationalspieler Ümit Korkmaz und Sky Experte Hans Krankl waren zu Gast beim Sky Sport Austria Podcast „DAB | Der Audiobeweis Spezial Euro 2024“

Ümit Korkmaz (Ex-ÖFB-Teamspieler):
…über die VdF-Coachings: „Nicht nur die Spieler, die gerade arbeitslos sind, sondern auch die VdF-Mitglieder, die bei der Spielergewerkschaft dabei sind, dürfen das ausnützen. Wir trainieren drei Mal die Woche. Das wird noch acht Wochen lang so gehen oder bis die Jungs, die keinen Verein haben, einen Job finden.“

…über das anstehende Duell Österreich – Türkei: „Ich habe immer das Problem, dass ich zu Türken ‚wir‘ sage und zu Österreich auch ‚wir‘. Wir spielen morgen gegeneinander. Wir spielen gegen uns selber. Morgen werden wir gewinnen. Ich denke, dass es die Türkei schwer haben wird. Die Türkei hat viele gute Einzelspieler, die die Kugel sehr gut beherrschen, aber durch die Maschinerie, Laufarbeit und das Robuste wird es sehr schwer sein. In der türkischen Community ist es eine Art Vergeltungsspiel oder Rachespiel. Die ersten 20, 30 Minuten werden sehr spannend sein. Die Türkei wird diese nutzen, um Österreich zu überraschen und ihnen wehzutun. Wenn es in die Länge gezogen wird, kann es sein, dass die österreichische Expressmaschine ins Laufen kommt.“

…über sein Zwischenfazit der EM: „Ich war überrascht, wie viele Teams, die Slowakei oder Georgien zum Beispiel, so gut mithalten können. Die Ausfälle von Spitzenteams wie Italien sind aber schon traurig. Es hätte viel spannender sein können. Jetzt haben wir Spanien als Favorit mit Deutschland.“

…über die Schwächen der Türkei: „Das Spiel ohne Ball ist unser größtes Problem gewesen, nicht nur bei der EM. Das ist bei Fenerbahce, Galatasaray oder Trabzonspor das Gleiche. Jeder will sein eigenes Spiel durchsetzen. Österreich ist eine kompakte Mannschaft, wo alle an einem Strang ziehen. Das Problem bei der Türkei ist, dass jeder glänzen oder den finalen Pass machen will. Natürlich sind wir mit dem Ball gut und wollen mit dem Ball spielen, aber Fußball ist nicht immer Ballspielen. Laufarbeit und die Zweikämpfe anzunehmen ist auch wichtig. Da denke ich, dass wir Österreicher einen Schritt voraus sind.“

…über den Ausfall von Hakan Calhanoglu: „Das kann auch sehr positiv ausfallen. Hakan ist der Dirigent gewesen, aber vielleicht kommt jetzt ein Anderer, wo viel mehr Betrieb ist. Natürlich sind die Freistöße, die er macht, unglaublich, diese Schusstechnik. Natürlich wird das fehlen. Vielleicht wird durch den Spieler, der kommt, aber mehr Laufbereitschaft in der Mannschaft sein.“

…über Ralf Rangnick: „Er hat sein System und die passenden Spieler dazu, mit Laimer, Prass, Seiwald und so weiter. Er hat eine gute Mannschaft erwischt, weil zaubern kann er auch nicht. Wenn er vor zehn Jahren die Truppe aus dem Rapid-Meisterjahr gehabt hätte, mit Boskovic und Kulovits, wäre es schon eng gewesen. Ich war gegen Polen zuschauen und war eifersüchtig. Ich dachte mir: ‚Wär‘ ich bei der Truppe, hätt’ ich tausend Ballkontakte und wär‘ rauf- und runtermarschiert. Wenn ich weiß, dass ein Sabitzer oder Laimer hinter mir ist, der mir nur die Kugel auf den Weg schicken muss, kommt ein Zehn-Millionen-Transfer (lacht).“

…über Marko Arnautovic: „Ich habe mit ihm gespielt und weiß, er kann auch manchmal schmutzig sein. Ich denke auch, dass Marko spielen wird. Wir brauchen vorne einen, der etwas anders macht, unorthodox. Marko ist der Typ, der radikal sein eigenes Spiel durchsetzt. Die Verteidigung stellt sich ja auch genau ein, wie die Laufwege sein können. Dann baut Marko Arnautovic irgendwas zusammen und ist durch. Natürlich ist er eine ‚Krätzn‘ auch, dann die Türken Heißblüter. Marko kennt sich auch sehr gut aus mit den Türken. Von seinen Freunden sind auch die Hälfte Türken. Da bekommt die Mannschaft vielleicht ein paar gelbe Karten mehr.“

…erzählt eine Anekdote über Peter Pacult: „Ich kann mich erinnern an ein Spiel, Peter Pacult war Trainer. Es läuft gut. Er sagt zu mir: ‚Ümit, wenn du noch einmal über die Mittellinie zurückläufst, nehm ich dich raus‘. Er hat mich bedroht. Dann gab es eine Szene, wo ich am gegnerischen Sechzehner begonnen habe, zurückzulaufen. Der Gegner war schon über der Mitte, da bin ich einfach stehengeblieben. Ich habe zu Peter rausgeschaut, er hat nur gesagt: ‚Gut hast du das gemacht!‘.“

…über das anstehende Duell Deutschland – Spanien: „Ich sehe Spanien im Vorteil. Ich denke, dass sich das Spiel in der Mitte abspielen wird. Da ist Spanien eine Macht mit diesen kurzen Pässen. Sie suchen die Tiefe, da kommen die Bälle immer an. Wer die Mitte gewinnt, gewinnt das Spiel.“

…über seine Bedenken zum VAR: „Das Reinsteigen mit dem gestreckten Fuß, auf die Sohle oder seitlich, das ist als Fußballer sehr schwer, wegzuziehen. Da kriegst du heutzutage schnell einmal die Rote. Früher war das gang und gäbe. Man kommt halt manchmal zu spät. Es schaut durch diese slow motion so gefährlich aus. Wenn er zurückzieht ist es gelb, aber manchmal kann er nicht zurückziehen. Das ist mein größtes Problem mit dem VAR. Manche Aktionen musst du nach Gefühl entscheiden. Wenn du dort dann reingehst und die Aktion sehst, dann ist ja fast alles rot.“

…über Yusuf Demir: „Er wird jetzt auf jeden Fall nach Istanbul fliegen. Er hat sich fit gehalten mit uns, im Fußballlabor VdF. Er ist ganz ein guter junge, ist fit und bereit. Er ist ein Ausnahmespieler vom Talent her und möchte nur Fußball spielen. Im spanischen Nationalteam wäre er zum Beispiel perfekt aufgehoben. Er hat eine unglaubliche Ballannahme und Beintechnik. Natürlich ist es schwer, wenn er zu oft zurücklaufen muss und in das neue System hineinwachsen muss. Da hat er ein bisschen Defizite. Beim spanischen Nationalteam hätte er gar keine Probleme. Das Camp macht er anscheinend mit Galatasaray. Dann werden wir sehen, wie es mit ihm weitergeht.“

Hans Krankl (Sky Experte):

…über sein Zwischenfazit zur EM: „Das Überragende an dieser WM, von Anfang an, ist Spanien. Das Positivste ist, dass für mich Österreich bisher die beste Mannschaft neben Spanien ist. Da ist alles aufgegangen. Wir brauchen uns nicht verstecken. Die Engländer waren bis jetzt eine Enttäuschung, auch wenn sie jetzt 2:1 gewonnen haben. Italien, das mir auch am Herzen liegt, ist leider auch weg.“

…über Österreichs Chancen bei der EM: „Es ist alles drinnen. Es hat vor einigen Jahren Griechenland gegeben, die waren sicher nicht so gut, haben auch nicht den Stil gespielt, den wir jetzt spielen. Es hat Dänemark gegeben, die bei McDonalds essen waren und Europameister geworden sind. Der Europameistertitel ist eine schwierige Sache, aber die Mannschaft, die wir jetzt haben, ist geeignet für den Fußball, der jetzt auf der ganzen Welt gespielt wird. Es wollen ja eigentlich alle gleich spielen, dieses ewige Pressing und Umschalten. Das beherrscht unsere Mannschaft. Wir haben jetzt so viele Spieler, die Maschinen sind. Du braucht dazu auch Maschinen. Das ist anders als Fußball. Der heutige Fußball hat sich so entwickelt. Der Einzige, der noch ein ‚Kicker‘ ist, ist der Arnautovic. Das ist der Einzige, der in diese Reihe nicht hineinpasst. Alle anderen sind auch sehr sehr gute Fußballer, aber die gehen auf und ab, das ist unglaublich. Das alles passt jetzt sehr gut. Es gibt sehr viele Spieler bei guten Vereinen. Ein Wunder wäre es für mich nicht. Die Mannschaft hat sich entwickelt mit diesem Stil und die zeigen, dass wir mit jedem mithalten können.“

…über die Tücken des 6:1-Testspielsiegs gegen die Türkei: „Es ist sehr gefährlich, wie es in Österreich so ist mit der Euphorie. Die Türken werden jetzt auf der Hut sein. Sie haben diese Packung bekommen, wobei das 6:1 nicht so klar war. Bei 3:1 hätten die Türken fast das 3:2 gemacht und es wurde ein Tor aberkannt. Es ist gefährlich, weil wir sehr hoch gewonnen haben. Die Türken werden jetzt anders spielen. In der Form, in der wir sind, sind wir Favorit, aber nicht mehr.“

…über die Rolle von Arnautovic in der Mannschaft: „Ich weiß nicht, wie Rangnick denkt. Arnautovic ist der Ausnahmespieler in dieser Mannschaft, er ist nicht diese Maschine. Er hat eine andere Art, Fußball zu spielen, eher wie wir früher. Er hat jetzt nur ein Problem, dass er bei Inter nicht gespielt hat. Er hat nicht die Spielpraxis und hat sicherlich nicht die Kraft, bei einer EM 90 Minuten spielen. Ich hätte das so gemacht, dass ich ihn von Anfang spielen lasse und dann nach 45 oder 60 Minuten herausnehme. Ich finde ihn nicht so gut, wenn er ins Spiel kommt, weil ihm das nicht so liegt. Ich glaube auch nicht, dass er das so will. Ich hätte ihn immer von Anfang an gebracht.“

…über den Vergleich des heutigen Nationalteams mit jenem von 1978: „Es gibt keine Konkurrenz. Wir waren eine Wundermannschaft 1978. Fast alle Spieler haben internationales Format gehabt. So wie heute ungefähr. Du darfst aber niemals eine Generation mit einer anderen vergleichen. Der Fußball ändert sich immer mehr. Es bleibt aber trotzdem immer gleich.“

…über den modernen Außenbahnspieler: „Als ich Trainer bei VfB Mödling war, habe ich mit zwei Außenbahnspielern gespielt, so wie heute. Das waren der Marasek und der Bauer. Die waren großartig. Jetzt komm‘ ich drauf, dass ich damals bei Mödling diese Aufstellung gemacht habe. Ich war meiner Zeit voraus! Die zwei sind marschiert, das waren Maschinen.“

…erzählt eine Anekdote: „Otto Baric, Gott habe ihn selig, ein super Trainer, einer der besten, die ich gehabt habe, war bei uns bei Rapid. Wir haben gespielt gegen Rapid Bukarest im Europacup. Endstand war 1:1 auswärts, zuhause haben wir sie 5:0 abgefertigt. In der ersten Hälfte hat Bukarest einen Freistoß, gefährliche Situation. Irgendjemand ruft mich: ‚Hansi, geh zurück in die Mauer!‘. Ich gehe in die Mauer. Ich werde angeschossen, der Ball geht ins Tor, mein einziges Eigentor. Ich war fertig. In der Pause kommt Otto Baric zu mir: ‚Hansi, eines sage ich Ihnen. Bitte gehen Sie nicht mehr in die eigene Hälfte! Bitte bleiben Sie vorne, so wie immer! Gehen Sie nie mehr in eigene Hälfte!‘ Das war ein super Trainer.“

…über Lamine Yamal: „Das ist ein Schulkind. Gestern war ich ein bisschen bös‘ auf ihn, weil er die eine Chance nicht vergeben darf. Das war bei 2:1 und ich wollte schon das 3:1. Der Rotzbua hat daneben geschossen, darüber werden wir noch reden in der Schule. Das ist ein Wahnsinn. Der ist 16 Jahre und geht noch in die Schule. Was ist von dem zu erwarten? Der ist ja in fünf Jahren erst am Zenit. So wie der heute spielt, das ist nicht mehr normal. Das ist aber schon ganz selten.“

…über die Ursache für die hohe Anzahl an sehr jungen „Supertalenten“ beim FC Barcelona: „Weil wir das forcieren. Das ist in dem Klub drinnen. Auch durch die finanziellen Schwierigkeiten, die sie gehabt haben, haben sie wirklich umstellen müssen, weil sie nicht mehr einkaufen durften. Das war gut so. Durch diese Watschen, die sie bekommen haben, haben sie ‚La Masia‘ forciert. Nur aufgrund dieses finanziellen Disasters ist man dazugekommen. Xavi war da sehr wichtig, weil er alle diese jungen Spieler kennt. Es gibt auch schon fünf Neue, die dahinter warten. Das habe ich schon gehört. Da kommt etwas nach. Das ist ja eigentlich das Schwierigste bei Vereinen aus der ganzen Welt. Ajax Amsterdam macht das seit 25 Jahren. Seit Cruyff bilden die Spieler aus, die überall hingehen. Ajax war im Champions-League-Halbfinale mit zehn 20-Jährigen.“

…über Yusuf Demir: „Bei Yusuf Demir ist alles falsch gemacht worden, was es überhaupt gibt. Den haben sie als Jungen so verheizt. Diese Geschichte mit Barcelona noch dazu, auch bei Rapid am Anfang. Da hat man alles falsch gemacht. Der hat noch nie Männerfußball gespielt, der ist nicht zu bewerten. Der Junge muss in einer Mannschaft eingebettet werden und muss dort spielen, spielen, spielen. Es ist ewig schade, ohne ihn zu kennen.“

DAB | Der Audiobeweis Spezial EURO 2024
In Spezialfolgen diskutieren Sky Experten und Gäste während der Europameisterschaft über die Spiele des ÖFB-Teams, das Turniergeschehen in Deutschland und besprechen weitere aktuelle Themen rund um die EURO 2024.

Die neueste Folge ist ab sofort frei empfangbar auf skysportaustria.at/podcasts/dab-der-audiobeweis/ sowie auf den gängigen Plattformen Spotify, Apple Podcast, Google Podcast, FYEO und Deezer abrufbar.

Medieninfo Sky Österreich

02.07.2024


Die mobile Version verlassen