Verlässt Christian Fuchs den FSV Mainz 05?

Für ÖFB-Teamspieler Christian Fuchs endet morgen eine erfolgreiche Saison. Vor dem Spiel gegen den FC St. Pauli äußerst sich der 25-jährige über die vergangene Woche, die abgelaufene Saison und einen möglichen Transfer.
Christian, du konntest diese Woche nicht trainieren?
Christian Fuchs:Ja, eine Grippe hat mich ziemlich erwischt. Dazu kamen starke Ohrenschmerzen und Schluckbeschwerden. Ich wurde mit Vitaminen und Tropfen behandelt, auch ein großes Labor-Blutbild wurde gemacht, das erhöhte Entzündungswerte ausgewiesen hat.
Wirst du morgen im Spiel gegen St. Pauli mit dabei sein?
Christian Fuchs: Ich bin immer noch nicht fit und habe auch die ganze Woche über nicht trainiert. Das heißt, dass ich mit Sicherheit nicht mit dabei sein werde. Ich möchte auch nichts riskieren, wir haben unser Saisonziel ja erreicht. Und meine Gesundheit ist das Wichtigste überhaupt. Ich bin froh, dass ich es überhaupt ins Stadion schaffe. Ich werde das Spiel mit meiner Frau Michaela von der Tribüne aus verfolgen. Ich freue mich darauf!
Was wird am Samstag in Mainz los sein?
Christian Fuchs: Das wird großartig. Wir werden unseren Erfolg wie einen Champions-League Titel feiern. Am meisten freue ich mich auf die Choreographie der Fans im Stadion. Und natürlich auf den Balkon. DER Balkon. Wir werden auf dem Balkon des Mainzer Theaters feiern. Das ist unsere Meisterfeier!
Wie hast du diese Saison erlebt?
Christian Fuchs:Das ganze Jahr war fast durchwegs voller positiver Erlebnisse. Der Wechsel nach Mainz war das Beste, was ich machen konnte. Sportlich gesehen die beste Zeit meines Lebens. Und ich habe auch die Bestätigung und Anerkennung für die Arbeit die ich bisher investiert habe, bekommen. Und Anerkennung ist auch im Sport sehr wichtig.
Welche waren deine ganz persönlichen Highlights / unvergessliche Momente?
Christian Fuchs: Das absolute Highlight war der 4:3 Auswärtssieg in Wolfsburg nach dem 0:3 Rückstand. Was sich da abgespielt hat, war sensationell, wir haben gespielt wie im Rausch und die Millionentruppe niedergerungen. Mit spielerischen Mitteln und mit Kampf. Auch der Sieg auf Schalke letzte Woche bleibt unvergesslich. Nach dem Spiel habe ich Thomas Tuchel umarmt. Eine Riesen-Erlösung, ein Wahnsinns-Gefühl.
Wo war’s schwierig?
Christian Fuchs: Es gab nicht viele schwierige Situationen. Für mich persönlich war es schwierig, zusehen zu müssen. Das ist zwar nicht oft vorgekommen, ich habe ja nur zwei Spiele verpasst – eines wegen einer Grippe und das zweite wegen einer Gelbsperre. Ansonsten habe ich immer von Beginn an gespielt, außer in einer Partie – und da auf der Bank zu sitzen, war die Hölle. Durch Niederlagen haben wir uns nicht beunruhigen lassen, auch nicht nachdem die Serie zu Saisonbeginn zu Ende war.
Wo möchtest du dich noch verbessern?
Christian Fuchs: Man kann sich überall noch verbessern. Das Training von Thomas Tuchel ist sehr vielfältig, da hast du alles dabei hinsichtlich Taktik und Technik ohne spezielle Übungen. Komplexe Passübungen, Spielformen – es kommt alles vor. Und körperlich ist man in der Deutschen Bundesliga ohnehin voll gefordert – wenn man so viele Spiele hat, beansprucht man alle Muskelgruppen über 90 Minuten. Mit Heinz Griesmayer, meinem früheren Trainer, werde ich zu Hause in Österreich wieder ein paar gezielte Trainings absolvieren, darauf freue ich mich – keiner kennt mich als Fußballer besser als er.
Leider ist mir heuer kein Treffer gelungen. Mir ist aber der Erfolg von der Mannschaft wichtiger als mein Torschrei. Es war das eine oder andere Mal knapp, aber im Endeffekt habe ich acht Tore aufgelegt, und darauf bin ich stolz.
Trainer Tuchel – sein Geheimnis?
Christian Fuchs: Es gibt kein ganz großes Geheimnis – ein kleines ist, dass wir bei allem Ernst den Spaß behalten. Wir kommen immer wieder zum Lachen. Und selbst wenn es nicht so gut gelaufen ist, haben wir dennoch Spaß gehabt. Wir waren Billard-Spielen und Bogen-Schießen. Das fördert den Zusammenhalt. Er nennt mich übrigens „Fuchser“ – das kann natürlich auch mit dem Dialekt zu tun haben. Sie bringen hier das „xl“ nicht so raus bei „Fuchsl“, wie man mich sonst nennt.
Natürlich weiß Thomas Tuchel alles über Technik, Taktik, Kraft- und Ausdauertraining. Aber dazu kommt bei ihm, dass er es perfekt schafft, den Zusammenhalt zu fördern. Ein Schlüsselerlebnis hatten wir im Trainingslager in Barcelona, als er ein Elfmeterschießen erfunden hat, bei dem jeder Spieler den anderen nach einem Fehlschuss wieder auslösen konnte. Durch solch oft einfache Methoden hat er gezeigt, dass jeder für jeden kämpfen muss und die Mannschaft dadurch zum Erfolg kommt.
Und ein zweiter ganz wichtiger Aspekt in seiner Arbeit ist, dass er uns vermittelt, immer weiterzumachen – egal was passiert. Auch wenn man sich noch so oft ungerecht behandelt fühlt – trotzdem weitermachen! Das hat uns oft weitergeholfen. Auch wenn es öfter vorkommt. Es hilft nichts und ändert nichts an der Entscheidung. Man muss weiter fokussiert bleiben. Kritik und Ärger sind Energiefresser.
Wie erlebst du den Alltag in Mainz?
Christian Fuchs: Mainz ist eine sehr gemütliche Stadt. Die Leute sind zurückhaltend, das ist angenehm. Man hat seine Ruhe und kann das Leben wirklich genießen. Natürlich wird man erkannt, aber das gehört dazu und ich genieße den Kontakt zu Fans. Zuletzt hat mir sogar in Düsseldorf jemand auf die Schulter geklopft und gratuliert.
Hast du Kontakt nach Österreich, verfolgst du die Spiele von Mattersburg?
Christian Fuchs: Natürlich habe ich Kontakt nach Österreich. Zu meiner Familie und zu meinen Freunden. Und ich freue mich sehr, dass Mattersburg den Klassenerhalt geschafft hat. Ich verfolge die österreichische Bundesliga, so weit es möglich ist, viele Spieltage laufen ja parallel da ist es schwierig. Mattersburg hat viele junge Spieler mit Potenzial. Ich glaube aber, dass ihnen eine Leitfigur fehlt, wie ich sie hatte – Kühbauer, Mandreko, Kausich, Köszegi. Es ist gut, wenn einer da ist, der Autorität hat und einen prägen kann. So sehr ich am Anfang mit Didi Probleme hatte, aber er war mein Vorbild. Wenn man sich durch Leistungen seinen Respekt erarbeitet hat, dann ist er ein perfekter Lehrer. Wenn man durch seine Schule geht, kann man immens profitieren. Er hat vorgelebt, dass man nicht gleich zufrieden sein kann, man immer wieder Vollgas geben muss. Das hat mir sehr geholfen.
Mit Heinz Griesmayer telefoniere ich wirklich oft, eigentlich vor und nach jedem Spiel. Ich gratuliere ihm auch immer zu Punktgewinnen mit Mattersburg. Seine Meinung ist mir wichtig, wir werden in den nächsten Wochen auch wieder gemeinsam trainieren. Wie schon im Vorjahr nach Saisonende.
Wie wirst du die nächsten Wochen verbringen – wie sehen die Pläne aus?
Christian Fuchs: Am 19. Mai komme ich nach Österreich, freue mich auf die Heimat und auf ein paar Trainings mit Heinz Griesmayer. Ich werde auch Freunde treffen, natürlich auch Andy Onea und Andi Kraft – die beiden Spitzensportler mit Behinderung, die Robert Almer und ich gemeinsam mit unserer Initiative „Stars4Stars“ fördern. Nach den Länderspielen gibt’s dann endlich Urlaub, so viel haben wir ja nicht.
Deine Gedanken zum Nationalteam?
Christian Fuchs: Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber jetzt ist die Ausgangssituation leider sehr ungünstig und wir sind durch die Niederlagen zu Jahresbeginn selbst schuld daran. Es ist eine Frage der Ehre, gegen Deutschland sowieso. Und im Test vor der Euro 2008 und bei der Euro haben wir gezeigt, dass wir gegen Deutschland auch mithalten können. Wir müssen uns etwas trauen und dürfen nicht vor Ehrfurcht erstarren. Jeder einzelne muss Verantwortung übernehmen. Das kann von einem Teamspieler nicht zu viel verlangt sein. Und das sind wir den Fans schuldig, das Stadion wird voll sein, die Stimmung einzigartig.
Auch Andre Schürrle wurde in den deutschen Teamkader berufen, ich hoffe auf ein direktes Duell.
Wirst du in der kommenden Saison noch für Mainz spielen?
Christian Fuchs: Das kann ich jetzt noch nicht mit Sicherheit sagen – eigentlich gehöre ich ja noch Bochum, und Mainz hat noch gar nicht die Option auf mich gezogen. Aber das ist wohl Formsache. Ich freue mich, dass durch meine Leistungen in der vergangenen Saison auch andere Vereine auf mich aufmerksam geworden sind. Ich habe meinen Teil beigetragen – und jetzt sind andere am Zug. Eine spannende Zeit für mich. Ich bin aber gut beraten und lasse mich auch nicht blenden. Fest steht: Wenn ich wechsle, dann wird Mainz auf jeden Fall noch ordentliche Ablöse für mich bekommen. Und wenn ich nicht wechsle, dann werde ich weiterhin für Mainz Vollgas geben. Das neue Stadion wird sicher eine noch größere Euphorie auslösen.
Gibt es konkrete Interessenten?
Christian Fuchs: Ja, die Gerüchte stimmen – interessante Klubs aus mehreren Ländern haben sich gemeldet. Mehr kann ich dazu aber jetzt noch nicht sagen.
Möchtest du Mainz verlassen?
Christian Fuchs: Nicht unbedingt – und wenn ich in Mainz bleiben würde, würde ich das auf keinen Fall negativ sehen. Wir würden die Früchte unserer großartigen Saison ernten – was hier in der Stadt und in der ganzen Region im Herbst los sein wird, wenn wir in der Euro-League spielen, wird wohl einzigartig. Andererseits möchte ich mich langfristig bei einem Top-Klub zum Führungsspieler entwickeln, und mein Ziel ist die Champions-League.
Wie schätzt du die Situation heute ein?
Christian Fuchs: Ich möchte ein echter Führungsspieler sein. Darauf arbeite ich hin und gebe alles dafür. Und ich möchte Erfolge feiern, wenn möglich in der Champions-League. Fest steht aber auch, dass ich erst 25 Jahre alt bin. Und ich weiß auch, dass nichts über Nacht geht – nochmals: wenn es mit einem Transfer klappt, dann ist es schön. Wenn nicht, dann ist es auch schön!
Presseservice Christian Fuchs
13.05.2011