Michael Eschlböck: Ich bin ein Gegner des Profitums!
AFBÖ-Präsident Michael Eschlböck im Sportreport-Interview über die Folgen der WM für die heimische Liga, über den möglichen AFL-Einstieg der Rangers und warum er ein Gegner des Profitums ist.
Sportreport: Nach der Weltmeisterschaft ist vor der nächsten österreichischen Meisterschaft. Welchen Nutzen könnte die WM dem nationalen Klubfootball bringen?
Michael Eschlböck: Es geht darum, wie die Teams die WM aktiv für sich nützen können. Jedes Team soll sich das Beste herauszuholen an Sponsoren und Plätzen – und seine Aufgaben machen. Wenn beispielsweise die Graz Giants in Zukunft ihre Heimspiele in der UPC-Arena austragen wollen – weiter gehen die Türen nicht mehr auf, als sie jetzt offen sind. Natürlich ist es auch eine Frage der Finanzierung: Wie weit ist es möglich, mit Sponsoren und der Medienberichterstattung das umzusetzen? Wie weit gelingt es, die regionalen Betriebe und Unternehmen für American Football zu begeistern? Eine Frage ist auch, was wir mit der Liga machen können. Denn wir haben eine große Bandbreite der Leistungsstärke. Bei der WM konnten wir zeigen, dass Football ein vermarktbares Produkt ist. Das klingt nüchtern – aber das muss es sein, um Betriebe zur wirtschaftlichen Kooperation zu bewegen.
Sportreport: Sturm Graz-Trainer Franco Foda hat sich im Vorfeld der WM um den Rasen in der UPC-Arena Sorgen gemacht. Nach dem Ende der Vorrunde waren die Schäden – trotz sehr starker Belastung – im überschaubaren Bereich. Hilft die Zerstörung von diesen Klischees dem Football in Zukunft?
Michael Eschlböck: Davon bin ich überzeugt. Natürlich hat der Rasen etwas abbekommen. Aber das hätte er auch bei Fußballspielen im gleichen Zeitraum. Wir haben auch die Trainingsplätze für das Turnier bekommen. Da mussten wir Vereinbarungen unterschreiben, dass wir für die Renovierungskosten aufkommen, wenn Schäden an den Plätzen entstehen. Wenn das Wetter schlecht ist und es pausenlos regnet, ist das besten Drainage-System überfordert oder nutzlos. Aber das Wetter war mit uns. Es sind keine Schäden an den Stadienrasen entstanden und wir haben überall bestätigt bekommen, dass wir alles tadellos und in Ordnung wieder übergeben haben. Damit kann man in Folge auch mit einem Mythos aufräumen.
Sportreport: Du hast angesprochen, dass man Football ‚breitentauglicher’ machen will. Wie will man zum Beispiel das komplizierte Regelwerk an den Normalverbraucher bringen?
Michael Eschlböck: Jetzt ging es in erster Linie darum, in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu kommen. Darum, dass wir Leute zu den nächsten Spielen (Anm.: Nachwuchs-Meisterschaft im Herbst – die nächste AFL-Saison startet im Frühjahr 2012) bringen. Bei der AFL-Saison wird es nur ein gewisser Prozentsatz sein – weil die WM dann einfach schon zu lange zurückliegt. Ich glaube, dass es auch bei vielen Medien ‚Klick gemacht‘ hat. Man ist dem Football näher gekommen. Darauf müssen wir aufbauen.
Sportreport: Für die bevorstehende AFL-Saison rücken schon jetzt zwei Teams in den Mittelpunkt des Interesses. Die Rangers treiben nach eigenen Angaben die Planungen für die AFL weiter voran. Die Salzburg Bulls hatten in der vergangenen Saison überschaubaren sportlichen Erfolg. Wie sehen Sie die beiden Teams in Hinblick auf die Saison 2012?
Michael Eschlböck: Die Bulls werden kommende Saison sicherlich nicht mehr in der AFL sein. Mit den Rangers müssen entsprechende Gespräche geführt werden. Im Sinne der Rangers wäre ich eher vorsichtig: Sie würden sich in der klassischen ‚Twilight Zone‘ befinden. Weil sie in Wahrheit genau zwischen den beiden Ligen sind. Es bedarf wahrscheinlich noch einiger Maßnahmen, um AFL-tauglich zu werden. Wobei ich es den Rangers durchaus zutraue. Die Frage ist, ob das schon 2012 gelingt. Man soll eine Pflanze – die zugegeben stark wächst – nicht überfordern. Anfang September wird es Gespräche geben. Wir werden Pläne im Vorfeld machen, um zur besten Lösung für alle Beteiligten zu kommen.
Sportreport: Mit wie vielen Teams – inklusive der Mannschaft aus der angesprochenen ‚Twilight-Zone‘ – wird 2012 die AFL an den Start gehen?
Michael Eschlböck: Zwischen fünf und acht.
Sportreport: Nationalteam-Headcoach Rick Rhoades hat im Interview gemeint, dass man die Strukturen verbessern sollte. Dabei hat er auch gemeint, dass man den Spielern zumindest einen symbolischen Beitrag für die Leistung geben sollte. Wie ist Ihre Meinung zu diesem Thema?
Michael Eschlböck: Das ist im Moment das Letzte woran ich denke, dass ich den Spielern einen symbolischen Beitrag bezahle. Denn in Wahrheit bringt es nichts. Wir sind schon einen unglaublich weiten Weg gegangen. Früher haben die Spieler noch dazubezahlt – das ist auch jetzt noch der Fall, wenn das Junioren-Nationalteam nach Sevilla fliegt. Das hat es bis vor kurzem auch noch beim Herren-Nationalteam gegeben. Wir sind jetzt zumindest schon so weit, dass wir den Spielern die Bezinkosten bezahlen können, wenn sie zu viert mit dem Auto zum Camp fahren. Wer mich kennt, weiß, dass ich ein absoluter Gegner des Profitums bin. Ein paar Euro machen den Profi nicht aus. Ich glaube nicht, dass geringe Geldbeträge eine Motivation für das Nationalteam sind. Das ist eine reine Herzensangelegenheit. Das Problem ist: Wie können wir Trainingslager finanzieren in Jahren, wo wir keine Turniere haben. Natürlich geht es auch darum die Coaches zu finanzieren. Zuerst sollten wir für diese sehr wichtigen Dinge eine finanzielle Lösung finden – erst dann können wir über andere Dinge sprechen. Für Verbesserungen der Strukturen ist der Verband jederzeit zu haben. Aber dieser Prozess kostet Zeit.
Sportreport: Für die WM konnten viele neue Firmen gewonnen werden. Werden diese Firmen auch in der AFL-Saison 2012 – Stichwort Namenssponsor für die Liga – an Bord sein?
Michael Eschlböck: Wir werden mit allen Partnern weiterführende Gespräche führen. Die Gesprächsbasis ist eine gute, offene. Die Sponsoren waren davon begeistert, was sich im Rahmen der Weltmeisterschaft getan hat. Die Zuschauer waren hier für uns die beste Visitenkarte. Eines möchte ich gleich vorweg ausräumen: Das ist der große Aberglaube, dass es den großen Namensponsor geben wird. Welchen Betrag gibt es dann? 200.000, 300.000 Euro oder doch eine Million? Was bedeutet das für jeden einzelnen Verein? Gar nichts, muss man ganz klar sagen. Wenn es das Geld gibt, brauchen wir es für die angesprochenen Strukturen. Wenn, dann geht es darum, die Schiedsrichterkosten zu reduzieren für die Vereine et cetera – aber es wird nicht dazu kommen, dass ein Verein durch dieses Sponsoring 50.000 Euro bar auf die Hand bekommt.
Sportreport: Du hast die Medien angesprochen. In der AFL berichten in der Regel immer dieselben Journalisten. Wie siehst du die mögliche Entwicklung für 2012?
Michael Eschlböck: Prognosen abzugeben ist schwierig. Bei Einigen herrscht zurzeit Wohlwollen – auch wenn sie uns wegen der sportlichen Entwicklung bei der WM in der Luft zerrissen haben. Aber wir haben schon vor etwa fünf Jahren gesagt, wenn man uns wegen schlechter Leistungen zerreißt, dann haben wir es geschafft! Weil man uns dann ernst nimmt. Es gab einen Artikel in einer großen österreichischen Tageszeitung, wo geschrieben wurde, dass die Versager jetzt nur noch um die Ehre und um Platz sieben kämpfen. Ich möchte anmerken, dass dieser Journalist dem American Football-Sport trotzdem sehr positiv gegenüber steht. Das können sich andere in anderen Ländern nur wünschen. Man hat begonnen, sich mit uns fachlich auseinanderzusetzen. Daher müssen wir auch mit entsprechender Kritik leben können.
Sportreport: Für viele Beobachter der Szene hat American Football den Sprung von einer Randsportart in die ‚Mitte’ geschafft. Wie sehen Sie das?
Michael Eschlböck: Hm (überlegt). Wie definiert man Randsportart? Wie definiert man Trendsportart? Das liegt im Auge des Betrachters. Ich glaube, dass wir als Sportart durchaus aufgezeigt haben und ein gewisses Potential haben. Unabhängig von der WM ist die Arbeit des Verbands von anderen Verbänden anerkannt. Wir sind nicht eine Sportart, die irgendwo mit herumschwimmt. Wir gehen unseren eigenen Weg und haben diesen selbst definiert. Wir sind in vielen Punkten kreativ – in einigen vielleicht auch Querdenker. Wir gehen aber stets einen geraden und sehr freundlichen Weg, um unsere Sportart zu publizieren und zu pushen. Die WM war in diesem Punkt mit Sicherheit das Sahnehäubchen mit Kirsche drauf.
Sportreport: Wie realistisch ist es, dass wir 2012 eine Austrian Bowl wieder im Ernst Happel-Stadion haben? Wie realistisch ist es, dass diese vor 21.000 Zuschauern stattfindet?
Michael Eschlböck: Ich weiß nicht, ob uns das gelingt. Die Zeit spielt da einfach gegen uns. Wir arbeiten an Ideen für die kommende Saison, wie wir die Austrian Bowl kommunizieren und vermarkten können. Allerdings fällt uns der WM-Faktor weg. Wir überlegen, in ein entsprechend gutes Stadion zu gehen. Die Frage ist, wer in einem solchen Finale steht. Die letzten 5,6 Austrian Bowls hat bisher der AFBÖ veranstaltet – weil es keinen externen Veranstalter gegeben hat. Dementsprechend hatten wir auch ein erhebliches finanzielles Risiko zu tragen. Da ist es immer eine Lotterie, in welches Stadion man geht. Man stelle sich eine Austrian Bowl vor zwei Jahren in Innsbruck vor, in der nicht die Raiders drinnen gewesen wären. Da wären nur die Hardcore-Football-Fans auf der Tribüne gewesen. Ob wir jetzt schon in einer Phase sind, wo es dem Zuschauer egal ist, welches Team spielt – sprich wo der Event genauso wichtig ist wie das Spiel – dass muss sich in Wahrheit erst zeigen. Ich bin leider kein Hellseher.
Das Gespräch führte Thomas Muck
25.07.2011