Austria-Vorstand Kraetschmar: Wir müssen das Derby gewinnen
Markus Kraetschmar im sportreport-Interview über das Derby, das Frühjahr der Wiener Austria und die Europa League.
Sportreport: In Kürze steigt das 301. Wiener Derby. Ein besonderes Spiel oder doch nur ein Spiel um drei Punkte?
Markus Kraetschmer: Das Derby ist nach wie vor ein besonderes Spiel. Zwar geht es ’nur‘ um die berühmten drei Punkte, aber es geht auch um die Vormachtstellung in der Stadt. Wir haben heuer noch kein Derby verloren, das wollen wir unbedingt beibehalten. Wenn wir nochmal nach oben in der Tabelle angreifen wollen, müssen wir das Spiel unbedingt gewinnen. Rapid weiß natürlich ebenfalls, dass, wenn sie erfolgreich um den Meistertitel weiterspielen wollen, sie auch einen Erfolg einfahren müssen. Die Konstellation ist toll, und das Derby ist, so wie es bereits 300 Mal war, etwas ganz, ganz Besonderes – und das wird es auch immer bleiben.
Sportreport: Geht es in diesem Spiel eigentlich nur um das Minimalziel Europa League oder schaut man doch noch in Richtung Tabellenspitze?
Markus Kraetschmer: Wir sind trotz aller negativen Erlebnisse im Frühjahr – zB die Heimniederlage gegen Kapfenberg oder die Niederlage gegen Mattersburg – nach wie vor dabei. Wir haben auf der einen Seite extremen Druck von den Mannschaften hinter uns und andererseits noch die Möglichkeit, nach oben zu schielen. Dazu ist ein Sieg gegen Rapid notwendig, wir können als Dritter den Abstand zum Zweiten verringern, und Salzburg hat ja noch den schweren Gang nach Hütteldorf. Jetzt kommen dann auch die nervlichen Belastungen hinzu, jetzt regiert sozusagen der Rechenstift. Wir haben sicherlich den Vorteil, dass wir durch das Erreichen des Samsung-Cup-Halbfinales eine zweite Chance haben, um unser Minimalziel Qualifikation für die Europa League zu schaffen. Mit einem Erfolg können wir nach ganz oben angreifen. Bei entsprechenden Resultaten der anderen Mannschaften – wir haben es selber nicht mehr in der Hand.
Sportreport: Es gab Medienberichte, wonach die UEFA plant, die Europa League abzuschaffen. Für die Austria ist die Europa League ein wichtiges Ziel, das erreicht werden soll. Wie geht man dann mit solchen Aussagen um?
Markus Kraetschmer: Man muss bei solchen Berichten immer aufpassen. Was mich ein bisschen verwundert, ist, dass wir haben beim letzten UEFA Kongress in Istanbul keine Silbe darüber gesprochen haben. Wir sind in der SIA, in der Klubvereinigung der internationalen Klubs, wo wir auch zuletzt bei einer Sitzung in Warschau vertreten waren, da wurde ebenfalls nicht darüber diskutiert. Ich denke, für uns als Klub und so wie sich die Champions League zuletzt gestaltet hat, ist das im Moment sehr gut aufgestellt. Man darf ja die Rechnung auch nicht ohne den Wirt machen, vor allem sind diese Ideen viel zu unausgegoren. Faktum ist, für uns ist der internationale Bewerb sehr wichtig. Wir freuen uns natürlich, dass wir 2013/2014 zwei Qualifikationsplätze für die Champions League haben, das ist auch für die nächstjährige Meisterschaft ein wichtiges Thema. Wir wollen nach Europa, Europa ist für uns in den Bewerben eine wichtige Bühne was die Einnahmen betrifft, aber auch was die Bühne unserer Spieler betrifft. Und ich denke, die Europa League hat sich auch von den Mannschaften sehr gut entwickelt. Man darf eines nicht vergessen: Würde man die Europa League abschaffen, ist eben eine große Frage wie eine neue Champions League angenommen wird, was bedeutet das für die einzelnen Ländern, da ist noch so viel zu diskutieren, dass man jetzt eigentlich nicht darauf eingehen kann.
Sportreport: In der letzjährigen Europa League gab es ja mit Metalist Charkiv und Alkmaar zwei Austria-Gruppengegner, die sehr weit gekommen sind. Wird damit die eigene Leistung in der Europa League noch einmal aufgewertet?
Markus Kraetschmer: Ja, absolut! Das ist ja das, was wir gesehen haben. Charkiv war zweimal überlegen, aber bei Alkmaar waren wir sehr knapp dran. Und da hat man gesehen, das wir nicht soweit entfernt sind. Und das ist unsere Motivation. Sturm Graz ist heuer in der Qualifikation zur Champions League relativ knapp gescheitert. Der österreichische Klubfußball ist meiner Meinung nach auf einem guten Weg. Das spiegelt sich jetzt auch im Ranking wieder. Und für uns ist das jetzt die Bestätigung für die Spieler, dass zwei Mannschaften die erst im Viertelfinale ausgeschieden sind, nur sehr knapp in der Gruppe vor uns waren. Die Europa League ist für die österreichischen Mannschaften ein sehr wichtiges Standbein.
Sportreport: In wenigen Wochen teilt die Austria die Generali Arena mit dem Vikings. Hier wurde immer ein Klischee verwendet: Footballer ruinieren den Rasen! Haben sie jetzt schon schlaflose Nächte oder haben sie sich hier im Vorfeld informiert?
Markus Kraetschmer: Es sind zwei Dinge, zwei Aspekte. Wir sind ja mit den Raiffeisen Vikings zusammen im Schülermodell, gemeinsam mit den Basketballern von den Timberwolves und den Volleyballern vom SV Schwechat. Es ist ein wichtiges Projekt in unserer Nachwuchsarbeit. Und als der Präsident der Raiffeisen Vikings zu mir gekommen ist und gefragt hat, weil er auch den Football weiterentwickeln möchte, ob er die Generali Arena sich quasi für zwei Spiele ausborgen kann, dann sind wir eigentlich sehr schnell darauf aufgesprungen, und, das muss man ganz ehrlich sagen, die positiven Erfahrungen der letzjährigen Football-WM in den größeren Stadion Österreichs, hat sicher positiv zur Entscheidungsfindung beigetragen. Wir haben uns natürlich erkundigt darüber, aber ich glaube, der Rasen in der Generali Arena ist so gut und die Vikings und unser Stadionteam werden sicher alles dafür tun, dass sich der Rasen auch nachher in gutem Zustand sich befindet. Deshalb haben wir auch gesagt, wir machen es am Ende der Saison diesen Testballon. Ich wünsche mir, dass die Vikings die Generali Arene zwei Mal mit 13.000 Besuchern füllen werden, um den Football danach auf einer nächsten Stufe in einem größeren Stadion stattfinden zu lassen.
Sportreport: Haben Sie ein Footballspiel schon einmal live gesehen?
Markus Kraetschmer: Ich habe selber in meiner Schulzeit bei meinem Amerikanisch-Englisch-Lehrer Football gespielt, habe aber – das muss ich ehrlich zugeben – in Österreich noch kein Footballspiel live gesehen. Ich habe einmal in Amerika ein Pre-Saison gesehen, werde aber natürlich die Spiele der Vikings live verfolgen.
Sportreport: Letzte Frage, Sie haben gesprochen von einem Versuchsballon. Kann man sich von Seiten der Austria vorstellen, dass man die Vikings öfter als Gast in der Generali Arena erleben werden kann oder wird man sich jetzt einmal die beiden Spiele anschauen und danach klären, ob es weitere Footballauftritte geben wird?
Markus Kraetschmer: Ich würde es so sagen, durch die Kooperation mit den Raiffeisen Vikings und durch die Freundschaft die sich entwickelt hat, ist grundsätzlich sehr viel möglich. Wir haben natürlich als Pächter und Betreiber dieses Stadions auch Vermarktungsverpflichtungen und freuen uns über Zusatzeinnahmen. Der Testballon den wir jetzt haben, ist eben am Ende dieser Saison. Dann werden wir sehen, was bedeutet das für die Infrastruktur und wie nimmt das Publikum die Spiele an. Hr Wurm von den Vikings hat immer klar gesagt, dass er tolle Footballfeste auf der Hohen Warte feiert, aber er infrastruktuell auf gewisse Limits stößt – zB Überdachung der Tribünen oder Betreuung der Sponsoren. Es ist auch für ihn ein Versuch, wir sehen uns das gemeinsam an, aber es ist durchaus denkbar, wenn es mit dem Terminkalender vereinbar ist, wenn es von der Infrastruktur und letztendlich auch von der wirtschaftlichen Seite passt, dass solche Footballspiele öfters in der Generali Arena stattfinden.
Das Interview führte Thomas Muck
15.04.2012