Riesenwirbel um Fotos vom US-Olympiateam

 Olympia 2012, London, Joe Klamar

Die Bilder der US-Athleten für die Olympischen Spiele in London sorgten in den USA für eine Kontroverse. Von vielen wurde AFP-Fotograf Joe Klamar für seine eigenartigen Schnappschüsse wüst beschimpft, manche wiederum nennen seine Fotos „genial“. Sportreport erklärt, was passiert ist.

Einen Tag vor dem „Olympic Media Day“, der Präsentation des US-Nationalteams, erfuhr Joe Klamar (47) von seiner Agentur AFP, dass er dort fotografieren sollte. Der tschechische Fotograf, eigentlich ein Spezialist für Red-Carpet-Bilder von Stars, sollte in Dallas/Texas die US-Athleten ablichten.

Joe Klamar
Fotograf Joe Klamar bei einer Pressekonferenz, Foto: Creative Commons License

Missverständnis
Eine Premiere für Klamar, denn er war zuvor noch nie bei einem „Olympic Media Day“ dabei gewesen und hatte laut eigenen Angaben keine Ahnung, was ihn im Hilton-Hotel von Dallas erwarten würde. „Ich dachte, dass ich dort Athleten auf einer Bühne oder während einer Pressekonferenz fotografieren würde. Ich ging davon aus, dass ich Headshots (Portraits) für das Agenturarchiv schießen sollte“, erklärt der Tscheche. Also nahm er nur einen Blitz und drei Objektive mit. Die falsche Entscheidung, wie sich am nächsten Morgen herausstellen sollte.

Denn beim „Media Day“ sollten die Sportler der Reihe nach in einem improvisierten Studio fotografiert werden. Zu allem Überfluss musste er sich das Mini-Studio und die Sportler auch noch mit einem anderen Fotografen teilen. Pro Athlet hatte Kramar nur ein bis zwei Minuten Zeit für das Bild.

Profi ohne Equipment
Da stand er nun, der Profi – ohne geeignetes Equipment, ohne Konzept. Und in der Warteschlange zig ungeduldige Sportler, zappelig – froh, wenn das lästige Posieren vor der Kamera endlich vorbei ist. „Ich hatte keine Ahnung, dass man die Fotos in einem Studio macht“, sagt Klamar. „Ich musste ins kalte Wasser springen und improvisieren.“

Klamar begann zu fotografieren. „Mein Ziel war, die Sportler als interessante Persönlichkeiten zu zeigen, die ihren Ruhm verdienen“, meint der Tscheche. Und: „Die Athleten sind auf meine Ideen eingegangen.“

Sturm der Entrüstung
Auf seinen Speicherkarten landeten Fotos, die sich von denen bisheriger US-Teams in fast allen Punkten unterscheiden. Sie sind teilweise unscharf oder unterbelichtet, im Hintergund ist das Studio-Equipment zu sehen. Die Agentur entschloss sich, die Bilder zu veröffentlichen – und löste damit einen Sturm der Entrüstung und heftige Diskussionen aus. Die Kritik an den Bildern reicht von „beleidigend“ über „peinlich“ bis hin zu „schäbig“ und „unprofessionell“. Vor allem in sozialen Netzwerken gingen die Wogen hoch. Der Tenor: Ein Nationalheld wie Schwimmer Michael Phelps verdiene sich ein besseres Foto; das Bild von Badmintonspieler Tony Gunawan mit einem Federball am Kopf sei geradezu „lächerlich“.

„Unkonventionell“
Doch einige springen auch Klamar bei. Seine Werke würden versuchen, das stilisierte Heldentum der Sportler zu konterkarieren und stattdessen normale Menschen in seltsamen Posen zeigen. Auch Klamars Auftraggeber AFP stellte sich hinter den Fotografen. „Wir haben ihn hingeschickt, weil er das Talent hat, die Dinge anders zu sehen, nämlich unkonventionell und originell. Wir wollten einmal etwas anderes – und genau das haben wir bekommen“, redet AFP-Nordamerika-Fotochef Mladen Antonov das Ergebnis des internen Briefing-Debakels schön.

Link-Fotostrecke: Worst Olympic Portraits, ABC

13.07.2012