Die USA, Frankreich und Japan bei den Damen, Polen, die Niederlande und Lettland bei den Herren haben ihr Olympia-Ticket im Thunderome gelöst. In unfassbar spannenden Partien hat die 3×3-Weltelite sich nichts geschenkt und den Fans in Graz eine spektakuläre Show geboten. Als Belohnung wartet nun Tokio.
Es ist unglaublich, wie eng das Feld im 3×3-Basketball zusammenliegt. Zwar haben sich schlussendlich Teams aus dem erweiterten Favoritenkreis durchgesetzt. Einige der Top-Anwärter auf eine erfolgreiche Olympiaqualifikation (etwa die USA und Frankreich bei den Männern oder Australien und Spanien bei den Frauen) gingen allerdings leer aus.
Frankreich (Damen)
Das erste Team, das ein Ticket für die Sommerspiele löste, waren die Französinnen, deren Partien am Sonntag nichts für schwache Nerven waren. Zuerst besiegten sie Ungarn im Viertelfinale in der Verlängerung mit 18:17. Im Kampf um die endgültige Qualifikation setzten sich in einem weiteren Basketballkrimi mit 15:14 gegen die bisher dominanten Japanerinnen durch. Vor allem die vielseitige Flügelspielerin Migna Touré drückte den beiden Spielen mit insgesamt 16 Punkten ihren Stempel auf.
Marie-Eve Paget, Spielerin Frankreich: „Wir fahren nach Tokio, ich bin so glücklich. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie die letzten drei oder vier Jahre waren, in denen wir dafür gearbeitet haben. Es gab viele Hürden, da war die Pandemie. Aber wir haben am Feld gezeigt, dass wir eine Olympia-Mannschaft sind. Wir haben es geschafft, ich bin so stolz auf mein Team.“
USA (Damen)
Im nächsten Halbfinalspiel ließen die US-Amerikanerinnen keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie in Tokio im Kampf um die Goldmedaille ein Wörtchen mitreden werden. Mit einer dominanten Leistung fertigten sie die bisher so souveränen Spanierinnen ab (21:13). Schon davor hatte Team USA im Viertelfinale mit Weißrussland kurzen Prozess gemacht (21:10). Vor allem mit dem hohen Tempo der US-3×3-Damen, die in beiden Partien eine sehr ausgeglichene Teamleistung zeigten, konnte am Sonntag keine Mannschaft mithalten.
Kelsey Plum, Spielerin USA: „Ich möchte einfach nur danke sagen: Danke an Gott, meine Mutter, meine ganze Familie, meine Freunde. Und auch USA Basketball, sie haben an mich geglaubt (Plum hatte sich im Sommer 2020 die Achillessehne gerissen, Anm.) und natürlich meine Teammates. Das war eine Schlacht, Respekt an Spanien. Aber wir fahren jetzt zu den Spielen! Wir hatten Camps und haben uns intensiv vorbereitet. Wir haben alles gegeben und viel geopfert, um in dieser Position zu sein. Wir sind wirklich stolz.“
Polen (Herren)
Bei den Männern konnte zuerst das polnische 3×3-Nationalteam über einen Platz bei den Olympischen Spielen jubeln. Das Team rund um Star-Spieler Michael Hicks musste am Weg nach Tokio allerdings zwei absolute Basketballmächte bezwingen. Im Viertelfinale setzten sich die Polen relativ eindeutig gegen Slowenien durch – vor allem dank einer überragenden Leistung von Shooting Guard Przemyslaw Zamojski (zehn Punkte). Im Halbfinale wuchs dann die gesamte Mannschaft über sich hinaus, sodass der große Turnierfavorit Lettland mit 20:18 in die Schranken gewiesen wurde. Besonders emotional nach der Partie war Hicks, dessen verstorbene Mutter sich immer gewünscht hatte, ihren Sohn einmal bei Olympia zu sehen.
Michael Hicks, Spieler Polen: „Das ist unglaublich. Bevor meine Mutter gestorben ist, schickte sie mir noch eine Nachricht, dass sie mich bei den Olympischen Spielen sehen will. Ich möchte mich bei der Mannschaft bedanken, wir haben bis zur letzten Sekunde gekämpft. Die vergangenen sechs Wochen waren so schwierig, mir fehlen die Worte. Wir wussten, wir können sie schlagen. Seit ich für Polen spiele, haben wir nie gegen sie verloren, das wollte ich auch heute nicht zulassen.“
Niederlande (Herren)
Wie schnell sich im 3×3 alles ändern kann, haben die Holländer während des Turniers gleich mehrfach bewiesen. Angereist waren die „Oranjes“ als einer der Favoriten für einen Platz bei den Spielen in Japan. In der Gruppe D, der „Todesgruppe“, in der sich auch Österreich befand, starteten sie allerdings mit zwei Niederlagen. Doch die Niederländer schrieben ihren Olympiatraum nicht so schnell ab, beendeten die Gruppenphase mit zwei Siegen und rutschten gerade noch ins Viertelfinale. Dort warteten die mächtigen USA, die den holländischen 3x3lern aber keine Angst machten. Mit einer unglaublichen Team-Performance und starken Leistung aus der Distanz ließen sie der Basketballnation schlechthin keine Chance und beendeten das Duell frühzeitig (21:16). Voll gempumpt mit Selbstvertrauen machten sie schließlich auch im Halbfinale mit Frankreich kurzen Prozess (21:13) und somit die Sensation perfekt.
Dimeo van der Horst, Spieler Niederlande: „Wir sind so glücklich, nachdem Turnierauftakt war das ein großartiges. Wir haben immer an uns geglaubt und die vergangenen Jahre so hart dafür gearbeitet. Es war kein leichter Weg mit Verletzungen und Covid. Aber wir haben nie aufgehört zu arbeiten und an Tokio zu glauben. Es ist wie ein Traum.“
Japan (Damen)
Die Japanerinnen, die sich in Graz zu einem absoluten Publikumsliebling mauserten, hatten vor dem Qualifier besonders viel Druck, ging es doch um die Sommerspiele im eigenen Land. Mit dem mittlerweile bekannt hohen Tempo starteten sie deshalb auch in die Viertelfinalpartie gegen die Schweiz. Die Eidgenossinnen, die Österreich in der Gruppenphase im letzten Spiel noch knapp überholt hatten, hatten von Anfang Probleme, die Japanerinnen vor sich zu halten, sodass diese einen ungefährdeten 20:13-Sieg im Viertelfinale eroberten. Wesentlich umkämpfter ging es im Halbfinale zu, wo das Austragungsland der Spiele gegen Frankreich mit 14:15 das Nachsehen hatte.
Die gescheiterten Halbfinalisten bekammen jedoch noch eine Chance im Kampf um Olympia. Japans Gegner waren die körperlich klar überlegenen Spanierinnen. Diese sahen auch bereits wie die sicheren Siegerinnen aus, als sie zwei Minuten vor Ende auf plus vier stellen. Doch die japanische 3×3-Damenmannschaft leistete einen unglaublichen Kraftakt und rettete sich vier Sekunden vor dem Schlusspfiff in die Verlängerung. Dort setzten sie sich mit 20:18 durch und erfüllten sich den Traum von der Olympiateilnahme im eigenen Land.
Stephanie Mawuli, Spielerin Japan: „Wir haben es geschafft, ich bin so glücklich. Ich bin so stolz auf das Team. Auch danke an die Deutschen, die mit uns trainiert haben.“
Lettland (Herren)
Im letzten Spiel des Abends trafen die 3×3-Mächte Lettland und Frankreich aufeinander. Die Letten hatten zuvor überraschend im Halbfinale gegen Polen das Nachsehen. Die Franzosen zogen gegen Holland den Kürzeren. Bei beiden Teams stellte sich die Frage, wer im dritten Match des Tages noch mehr Energie übrig haben würden. Vor allem die Letten hatten mit Litauen (21:19-Sieg) und Polen (18:20-Niederlage) zwei sehr kräfteraubende Partien hinter sich.
Doch die großen Turnierfavoriten machten von Anfang an klar, dass sie sich am Weg nach Tokio keinen weiteren Ausrutscher leisten würden. Nach drei Minuten stand es bereits 12:6 für die Balten. Angeführt vom Duo Edgars Krumins und Karlis Lasmanis ließen sie die Équipe Tricolore nicht mehr herankommen und holten sich den ungefährdeten 21:15-Sieg. Das große Ziel von Olympia haben die Letten somit im allerletzten Spiel am Grazer Hauptplatz erreicht.
Nauris Miezis, Spieler Lettland: „Wir haben den Job erledigt, ich bin jetzt wirklich erschöpft. Ich muss mich bei dem ganzen Team und dem Coach bedanken. Olympia war ein Traum, der jetzt wahr wird.“
MVP-Awards
Die Auszeichnung zur wertvollsten Spielerin des Turniers ging an die 22-jährige Japanerin Stephanie Mawuli. Die vielseitige Flügelspielerin, die auch unter dem Korb eingesetzt werden kann, erzielte im Schnitt knapp sieben Punkte und vier Rebounds. Das „Team des Turniers“ wird komplementiert von WNBA-Star Kelsey Plum aus den USA und der Französin Migna Touré.
Bei den Männer wurde Nauris Miezis zum MVP gewählt, der von der FIBA aktuell auch als bester 3×3-Spieler der Welt gelistet wird. Er brachte es auf durchschnittlich fünf Zähler und vier Rebounds. Neben dem Letten wurden der holländische Scharfschütze Arvin Slagter und der Pole Michael Hicks in die Top drei gewählt.
Letztes Olympia-Ticket wird in Ungarn vergeben
Für je sechs Frauen- und sechs Männerteams gibt es noch die Chance jeweils ein allerletztes Olympia-Ticket für Tokio zu ergattern. Von 4. bis 6. Juni wird im ungarischen Debrecen das FIBA 3×3 Universality Olympic Qualifying Tournament 2021 abgehalten. Mit dabei sind bei den Damen Ungarn, Iran, die Niederlande, Italien und Taiwan. Ein sechstes Team wird von der Warteliste aufrücken. Bei den Herren matchen sich Ungarn, die Mongolei, Slowenien, Belgien, die Ukraine und Rumänien.
Presseinfo Basketball Austria
30.05.2021