Der ÖSV-Finanzreferent Patrick Ortlieb steht zu seinen Statements bei der Jahresabschlussgala und denkt über weitere Optimierungen im Verband nach. Anna Gasser erklärt, wie ihr Goldsprung unter schwiergsten Bedingungen zustande kam. Und Sarah Dreier und Johanna Hiemer sprechen über ihre Herausforderungen rund um das Skibergsteigen.
Moderation: Christian Brugger
Die Themen: Ski alpin, Snowboard, Skibergsteigen
Die Gäste: Patrick Ortlieb, Mathias Berthold, Michael Smejkal, Anna Gasser, Sarah Dreier, Johanna Hiemer
Patrick Ortlieb: „Vielleicht halten wir zu lange an Athleten fest, die im Mittelfeld fahren und Startplätze für die Jungen blockieren.“
Zitate-Service „Sport und Talk aus dem Hangar-7“ am 13. März 2023
SKI ALPIN
„Gold glänzt natürlich immer ein bisschen mehr. Es braucht natürlich auch ein bisschen Glück. Die Hausaufgaben haben all unsere Sportler gemacht. Wir sind ein Wintersportland.“
Patrick Ortlieb ist mit Österreichs Saisonabschneiden zufrieden.
„Es war sehr wohl überlegt, ich wollte niemanden aus der Reserve locken. Man sollte nicht einzelne Sätze, sondern den Kontext zitieren. Als Spitzensportverband kann man das schon einfordern. Es war Dezember, ist nicht wirklich gelaufen. Wenn man erst jetzt darüber reden würde, hätte man ein halbes Jahr zugeschaut. Es sind jetzt schon einige Dinge in der Umsetzung. Nach dem nächsten Wochenende wird sich das Blatt in der Sommerpause wieder wenden.“
Patrick Ortlieb verteidigt seine Aussagen bei Jahresabschlussgala.
„Man kann diese Dinge sicher anreden. Das kann jeder selbst entscheiden. Es wurde sicher intern auch besprochen. Es zählt harte Arbeit am Ende des Tages. Der ÖSV bietet gute Infrastruktur und dennoch läuft es nicht so wie man es erwartet. Es sind nie nur die Athleten und nie nur die Trainer. Es ist ein gemeinsames Arbeiten, Siegen und Verlieren. Der Patrick kritisiert sicher nicht nur die Athleten. Es wurden sicher die richtigen Konsequenzen gezogen.“
Mathias Berthold verlangt ebenfalls eine kritische Haltung.
„Wir sind in einem Prozess, in dem sich etwas ändert. Kein Verband in Norwegen oder der Schweiz ist so breit aufgestellt wie wir. Jetzt ist alpin einmal nicht so an der vordersten Front, wie wir es uns wünschen würden. Es hat nicht funktioniert, es gibt immer Gründe. Man muss gieriger werden. Die Arrivierten brauchen mehr Druck von den Jungen. Wir sind in einer Phase, wo die Jungen nachkommen müssen. Ich bin sicher, dass die unter den gleichen Bedingungen dieselbe Leistung bringen können. Wenn man das Vertrauen in diese Athleten setzt, wird sehr schnell was nachkommen. Man muss schauen wie man die weiterbringt, dass die nahtlos zur Weltspitze zu kommen. Die Verletzungsmühle – wieso ist das bei uns so viel? – muss man auch hinterfragen.“
Patrick Ortlieb spricht die Prloblemzonen im ÖSV an..
„Wir sehen uns gerne als Skination Nummer eins. Die Zeiten haben sich aber geändert. Man konnte 365 Tage im Jahr trainieren. Die Schweizer sind uns voraus, haben zwei Skigebiete, wo man das ganze Jahr trainieren kann. Dennoch ist es eine Sache der Ehre, weil wir in der ganzen Welt als Skination wahrgenommen werden. Erfolge werden gefordert. Das gelingt aber nicht immer.“
Mathias Berthold weiß, dass auch andere Nationen Ansprüche stellen.
„Die Kathi hat eine harte Saison hinter sich, hatte einen Trainerwechsel, der nicht hingehauen hat. Sie ist ein Perfektionist und versucht alles umzusetzen. Es hat etwas nicht funktioniert. Skifahren ist für sie kompliziert geworden. Es hat sich für sie erschwert, gute Ergebnisse zu fahren. Ich bin nicht dahinter gekommen. Es ist ganz viel Denken dazugekommen. Das ist wichtig, aber nicht zu viel. Skifahren ist ein cooler und einfacher Sport. Vieles funktioniert intuitiv. Sie denkt lösungsorientiert und will sich hinausarbeiten.“
Mathias Berthold über die Negativform Katharina Liensbergers.
„Wir sind Weltspitze im Nachwuchs. Wir müssen aber ehrlich sein, hatten die WM im eigenen Land, aber auch da nur zweimal Bronze geholt. Vielleicht halten wir zu lange an Athleten fest, die im Mittelfeld fahren und Startplätze für die Jungen blockieren, die sich etablieren könnten. Der eine oder andere Athlet fühlt sich da vielleicht nicht wohl. Ein Jakob Greber, der bei der WM fast eine Medaille geholt hat, ist unter gleichen Bedingungen kaum schlechter als die A-Fahrer. Wenn er im Training sieht, dass er gar nicht langsamer ist, dann stärkt ihn das.“
Patrick Ortlieb plant eine Konzeptänderung im Skiverband.
„Da spielen die Landesverbände und viele Leute mit. Die Kommunikation funktioniert da schon massiv besser. Die Früchte kommen da aber nicht von heute auf morgen.“
Patrick Ortlieb und die langsamen Verbesserungen.
„Es ist aus meiner Sicht ein wichtiger Bestandteil des Ganzen. Die Entscheidungen müssen die Trainer mit den Athleten treffen. Man braucht einen klaren Plan. Welche Werte leben wir im Team? Es ist produktiver, wenn man gerne hinkommt. Man muss Dinge besprechen. Wie kritikfähig sind wir, wie kommunizieren wir, wie können wir uns unterstützen. Wenn man das gut bespricht, ist das einfach viel wert.“
Mathias Berthold hat Lösungsansätze.
„Ich glaube nicht, dass unter den Athleten diskutiert werden soll. Wir haben eine sportliche Leitung im Verband und die entscheiden die Trainer. Die gibt vor, wie die Trainingsgruppe aussieht. Jeder Tag in der Vorbereitung zählt. Für mich beginnt die Vorbereitung auf die neue Saison an Tag eins nach dem Finale. Wir werden in Sölden gleich ein riesiges Trainingszentrum aufbauen mit allem, was dazugehört. Das wird auch für die Landesverbände geöffnet sein. Die Lehrwerkstätte muss vom Meisterbetrieb unterstützt werden.“
Patrick Ortlieb über seine Ansichten und Planungen.
SNOWBOARD
„Diesen Traum hatte ich nicht so schon als kleines Dirndl. Daher kann ich es jetzt, glaube ich, auch noch mehr genießen. Es ist schön wenn es öfter hinhaut. Es ist schwer, bei einem Großereignis abzuliefern.“
Anna Gasser ist mit ihrem zweiten WM-Titel überglücklich.
„Ich wusste, dass es diesen Sprung zum Sieg brauchen wird, um eine Medaille zu holen. Ich habe den im letzten Training probiert und hatte einen Sturz, bei dem mich mein Freund gefragt hat, ob ich überhaupt starten will. Mein Freund Clemens hat mir dann gesagt: ,Jetzt weißt du, was du sicher nicht machen sollst.‘ Er ist mir dann auch nicht ganz so gut gelungen. Ich musste dann noch schauen, was die anderen machen. Die zwei Sprünge haben für die Goldmedaille gereicht. Ich wusste es sehr spät, dass ich schon fix Gold habe. Mein Trainer und der Clemens haben es mir nicht gleich gesagt. Der Sprung mit dem Grab hätte so und so gereicht, weil keine andere einen Zwölfer hatte.“
Anna Gasser über ihren Goldsprung im Big Air.
„Ich habe den Clemens sehr gerne dabei. So wie meine Trainer. Man gewinnt die Medaillen nicht alleine, man braucht ein Team dahinter. Das sind die Trainer, der Clemens und der Physio.“
Anna Gasser outet sich als Teamplayer.
„Es war eine sehr spezielle Situation. In meiner Karriere habe ich sowas wie in Georgien noch nie erlebt. Nach China dachte ich, dass es nicht mehr schlimmer werden kann. Das Land und die Menschen waren bemüht, aber die Voraussetzungen waren dem nicht gewachsen. Das sind Verhältnisse, bei denen ich im Training daheim nicht an ein Big-Air-Event denke. Und genau an so einem Tag war es dann bei einer Weltmeisterschaft.“
Anna Gasser über die umstrittene WM in Georgien.
„Besonders im Damenbereich entwickelt sich der Sport sehr schnell. Mit einem Sprung aus 2017, mit dem ich gewonnen habe, würde ich heute nicht mehr ins Finale kommen. Der Sport entwickelt sich und das macht mich glücklich.“
Anna Gasser über das steigende Niveau im Big Air.
„Das Turnen hat mir schon sehr geholfen, mich aus diversen Situationen zu retten. Auch wenn ein Salto mit dem Snowboard nicht zu vergleichen ist.“
Anna Gasser über ihre Turnvergangenheit.
„Es ist natürlich cool. Als Sportler schaut man aber gar nicht so auf diese Tabellen. Ich habe mich besonders für die Ski-Freestyler gefreut, dass die auch an der Weltspitze angekommen sind. Wir trainieren oft mit denen. Fast alle im Freestyle-Bereich kommen von selbst und nicht durch Verbände. Wenn der Erfolg etwas bringt, hoffe ich, dass das in den Nachwuchs gesteckt wird.“
Anna Gasser wünscht sich mehr Breite.
„Ich glaube, dass es sehr schwer zu planen ist. Italien ist vor der Haustür. Ich habe bis jetzt noch kein Großevent in Europa gehabt und das wäre mein Traum. Im Spitzensport kann man aber nichts planen.“
Anna Gasser über eine etwaige Olympiateilnahme 2026.
SKIBERGSTEIGEN
„Das muss einem Spaß machen, sonst macht man das nicht. Natürlich ist es schmerzhaft und man muss ans Limit gehen und sich quälen können. Manchmal schaut es auch nur aus, als wenn ich lache. Anstrengung schaut bei mir sehr freundlich aus.“
Sarah Dreier mag es, ans Limit zu gehen.
„Ich war natürlich sehr happy über meine Platzierungen. Es war meine Bestleistung. Beim Individual war es hauchdünn, habe den dritten Platz knapp versäumt. Mittlerweile glaub ich aber, dass ich den vierten Platz gewonnen habe.“
Johanna Hiemer über ihre „Blecherne“.
„Olympia ist für jeden Sportler das große Ziel. Das wird sicher ein tolles Event.“
Sarah Dreier blickt bereits Richtung Winterspiele 2026.
„Es stellt mich oft vor Herausforderungen. Mit meinem Umfeld und meinen Mann schaffe ich das. Bisher fühlt es sich stimmig aus. Wenn es nicht läuft, zweifelt man.“
Johanna Hiemer über ihr ihre Doppelrolle als Spitzensportlerin und Mutter.
„Ich bin jetzt schon nicht mehr in der Schule. Ich bin momentan bei meinen Eltern angestellt und hoffe, dass ich im Sommer Heeressportlerin werde. Ohne dem ist es kaum möglich. Vollzeit zu arbeiten ist aber auch nicht möglich. In Österreich haben wir aber Gott sei Dank genug Institutionen, die unterstützen.“
Sarah Dreier über die Möglichkeiten, ihren Sport professionell auszuüben.
Presseinfo
Servus TV
14.03.2023