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WSG Tirol Trainer Philipp Semlic und Sky Experte Alfred Tatar waren zu Gast beim Sky Sport Austria Podcast „DAB | Der Audiobeweis“

Philipp Semlic (Trainer WSG Tirol):

…über die Verletzungssorgen bei der WSG: „Wir haben vor Saisonstart schon gewusst, dass wir ein bisschen basteln müssen, wenn wir verletzte Leistungsspieler haben. Das ist jetzt kein jammern, sondern das haben wir vor der Saison gewusst. Gerade in dieser Phase gilt es jetzt, Spielern die Chance zu geben, sich zu entwickeln. Wir sehen, dass wir mit jeder Mannschaft richtig gut mithalten können, egal mit welcher Konstellation im Kader. Das spricht dafür, dass wir auf einem guten Weg sind.“

…über seine Herangehensweise als Trainer: „Es geht immer darum, die Wahrscheinlichkeit so hoch wie möglich zu halten, Spiele zu gewinnen, für die WSG Tirol und für jede Mannschaft der Welt. Wenn man sich die Statistiken anschaut, sieht man, dass wir im Ballbesitz im ersten und zweiten Drittel sogar zum oberen Drittel der Bundesliga gehören. Jetzt kommt aber das große ‚aber‘. Spiele gewinnst du nur, wenn du auch im letzten Drittel, wo es gefährlich ist, in der goldenen Zone, auch deine Torgefahr hast. Da haben wir noch großes Potenzial nach oben und das ist auch der Weg, wo wir uns weiterentwickeln wollen. Wenn die zwei Top-Stürmer ausfallen, dann tut sich aber jede Mannschaft ein bisschen schwer.“

…über die Entwicklung der WSG-Spieler: „Abseits der physischen und der taktischen und technischen Entwicklung ist für mich noch ein Punkt ganz wichtig, das ist die Persönlichkeit. Die Persönlichkeit zu entwickeln ist ganz ein wichtiger Faktor, vor allem weil wir bei der WSG Spieler haben, die alle eine kleine Vorgeschichte haben.“

…über seinen Umgang mit Spielern: „Der Fußball ist so komplex. Es passiert so viel. Wenn du dir Chelsea gegen Manchester City anschaust, da war in der ersten Halbzeit eine Anpassung von sieben Systemen. Die Spieler würdest du überladen damit. Die große Kunst von uns Fußballtrainern ist es, das Komplexe so einfach wie möglich zu verpacken. Am Ende des Tages ist es immer noch ein ‚Players Game‘. Wenn du den Spieler mit deiner Ansprache überforderst, mit deinen Anforderungen, da kann er seinen Teil nicht liefert. Da glaube ich schon, dass ein taktisches Korsett wichtig ist, aber immer so einfach wie möglich gehalten.“

…über die Wichtigkeit einer intakten Mannschaft im Fußball: „Ich glaube schon, dass ein Kollektiv wichtig ist und du die individuelle Qualität deines Gegners eindämmen kannst. Wenn es dann darum geht konstant was zu reißen, ist es ein Unterschied, ob du vorne einen Yamal, Raphinha oder Lewandowski habe, oder die nicht am Platz stehen. Das ist ein Unterschied, so ehrlich müssen wir auch sein.“

…über seinen bevorzugten Spielstil: „Ich weiß schon, wo ich mich befinde, dass ich bei der WSG Tirol bin und nicht in einer Traumwelt leben darf. Ich schaue schon gern Mannschaften zu, die einen proaktiven Fußball spielen, die Dominanz ausstrahlen und in allen ihren Aktionen aktiv sind. Letztes Jahr im Winter konnte ich bei Xabi Alonso in Leverkusen hospitieren, der da gerade in einer Hochphase war, oder bei Mikel Arteta bei Arsenal. Das ist schon ein cooler Ansatz, den sie da wählen, weil es nicht nur ‚fancy‘ ist, sondern schon eine Idee dahinter ist, die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, Spiele zu gewinnen. Ich will jetzt aber nicht sagen, wir wollen Bayern Leverkusen sein bei der WSG Tirol. Das muss man schon immer wieder runterbrechen, aber Ansätze, Prinzipien, Grundstrukturen und Muster von solchen Mannschaften finde ich schon spannend.“

…über seinen Nachrichtenaustausch mit seinem ehemaligen Schützling Manuel Pfeifer: „Eines meiner wenigen Laster – abseits des Kaffeetrinkens – ist, dass ich seit klein auf ein Sympathisant von Bayern München bin. Manuel Pfeifer von Real Madrid. Da schreiben wir uns bei den Duellen immer und provozieren uns leicht.

…über seine Zeit in St. Pölten: „Ich habe sehr viel mitgenommen. Es war zwar eine kurze Zeit, aber eine hochintensive Zeit. Gerade zu Beginn habe ich mich für den Verein entschieden, weil ich viel Potenzial gesehen habe. Der Weg, mit dem Vfl Wolfsburg gemeinsam, hat sehr überzeugend geklungen. In der Phase, wo Wolfsburg ausgeschieden ist, waren wir dann leider führungslos. Tino Wawra und Jan Schlaudraff sind gegangen worden, dann habe ich für mich den Schlussstrich gezogen, dass das nicht das Projekt war, für das ich dort war. Das war für mich das größte ‚learning‘, bei Vereinen zu unterschreiben, wo ich merke, dass das eine funktionierende Vereinsstruktur ist, ohne viel Risiko. Nicht zu große Visionen zu haben, sondern zu wissen, wo man ist, was man hat, wie man es einsetzen will und mit gewissem Realismus – das soll jetzt nicht respektlos sein -, die Möglichkeiten einschätzen zu können. Das zweite ‚learning‘ für mich war es, Entscheidungen bzw. Schlussstriche zu ziehen, wenn die Richtung eine andere ist, als die, für die man dort ist.“

…über die Herausforderungen als Trainer: „Es ist schon sehr fordernd. Egal ob du Fußballprofi- oder trainer bist, wir sind schon sehr privilegiert. Es verdient wahrscheinlich jeder relativ gut. Der Aufwand und die Intensität sind schon gegeben, aber ich habe mein Hobby zum Beruf machen können. Das ist Fußball. Da muss ich dankbar sein und demütig genug sein, dass ich einen diesen zwölf Jobs in der Bundesliga haben darf und diese Leidenschaft ausüben zu können. Es ist aber schon fordernd, dass du immer schaust, dass du auf einem gewissen Level bist. Du musst Führungsaufgaben übernehmen, dir immer bewusst sein, wie du nach außen wirkst. Diese Selbstkompetenz ist schon sehr wichtig. Die Mannschaft ist ein Spiegelbild von der Energie des Trainers. Die größte Herausforderung ist die private. Die Familie muss schon viele Entbehrungen in Kauf nehmen. Es ist auch was anderes, ob du am Wochenende gewinnst oder verlierst. Das ist schon eine andere Stimmung. Da bin ich extrem dankbar, dass ich eine tolle Familie im Hintergrund habe, eine tolle Frau, die mir komplett den Rücken freihält. Eine wunderbare Tochter und eine tolle Familie, die komplett dahintersteht.“

…über seine Entscheidung, WSG-Coach zu werden: „Der Verein ist gesund, in seinen Strukturen sehr klar und familiär, was auch zu mir passt. Das war mit einer der Hauptgründe dafür, dass ich gekommen bin. Auch Thomas Silberberger, der elf Jahre bei der WSG Trainer war, das spricht für diesen Verein. Da war nicht alles rosig in diesen elf Jahren. Es ist nach oben und unten gegangen. Das spricht für den ganzen Verein, dass man da eine gewisse Ruhe und Geduld mitbringt, auch in schwierigen Situationen. Das ist eine große Qualität. Die Halbwertszeit der Trainer liegt bei unter einem Jahr mittlerweile, in Europa.“

…über seinen Vorgänger Thomas Silberberger: „In der Entscheidungsfindung nicht, aber wie die Entscheidung dann getroffen war, haben wir viel Kontakt gehabt. Thomas ist ein unglaublicher Mensch. Das war ein Wahnsinn, wie er mich zu Beginn unterstützt hat in dem Ganzen. Hut ab, das spricht nur für den ‚Silbi‘, was er für ein Klasse-Charakter ist.“

…über die Stadionthematik der WSG Tirol: „Ich kann nicht viel dazu sagen. Es gibt diese Gruppe, wo man Ideen entwickelt, die man die WSG weiterentwickelt. Da war ich auch dabei. Es ist esenziell, dass wir mit der WSG in den nächsten Jahren nach Wattens zurückkommen, ins Gernot-Langes-Stadion. Wir haben am Tivoli keine Einnahmen, sondern zahlen Miete. Das ist schon ein wichtiger Faktor, dass du keine Ausgaben hast am Heimspieltag, sondern Einnahmen. Ich merke im ganzen Verein eine Energie, eine Spur Aufbruchstimmung in allen Bereichen, egal ob im Nachwuchs oder in der Führungsriege. Da müssen wir dranbleiben.

…über ein mögliches Interesse des TSV Hartberg im Herbst: „Über ungelegte Eier rede ich prinzipiell nicht. Wenn ich mich für etwas entscheide, dann bin ich mit Haut und Haaren von dem Projekt überzeugt. Das bin ich hier bei der WSG Tirol. Das braucht auch meine ganze Energie hier. Wenn ich an Dinge in der Zukunft denke, dann kann ich nicht Leistung bringen. Es ist wichtig, dass wir im hier und jetzt leben, da müssen wir Gas geben. Wenn ich an andere Dinge denken würde, dann wäre das nicht korrekt. So bin ich auch nicht als Mensch. Ich bin sehr glücklich, diesen Weg gegangen zu sein. Ich genieße es tagtäglich und versuche hier, meine nächsten Schritte als Trainer zu setzen.“

…über seine Ziele mit der WSG Tirol: „Es geht darum, dass wir unser Budget erhöhen. Wir haben das kleinste Budget und der Abstand, zum Vorletzten wird Jahr für Jahr größer. Das ist eine Gefahr, eine große Gefahr. Wir müssen Mittel und Wege finden, wie wir dieses Loch schließen. Einerseits über Sponsoring, dann hast du das Thema Investor und es gibt zwei weitere Wege. Entweder du schaffst es, Einnahmen über ein Stadion zu lukrieren, oder wie der WAC, der ein Vorbild sein muss, aber auch BW Linz, dass du versuchst, dein Budget zu erhöhen, indem du Spieler verkaufst. Das ist ganz klar eine Säule von uns. Wir wollen Spieler finden, die ein gewisses Potenzial haben und es aus unterschiedlichen Gründen bei ihren Vereinen nicht geschafft haben. Die wollen wir auf ein Level heben, dass wir davon profitieren können. Das ist eine Nische, die wir bei der WSG Tirol bedienen wollen. Da ist es wichtig, dass der Scoutingprozess passt. Da war es für uns ganz wichtig, dass wir das Ganze mit Leben füllen. Wenn Spieler XY super Leistungen bringt, im Sommer ein Angebot hat und es wirtschaftlich passt, dann müssen wir diesen Weg gehen.“

…über mögliche Winterneuzugänge: „Als neuer Trainer brauchst du zwei bis drei Transferperioden, um das so hinzukriegen, dass es spielerunabhängig ist. Wir wollen die Transferphasen immer gut nutzen, aber so, dass sie die Mannschaft stärkt. Im Winter ist es oft nicht so einfach, aber es soll schon etwas perspektivisches sein, das dir auch die Jahre darauf hilft. Wir haben schon einen Schattenkader. Unser Sportdirektor Stefan Köck macht da überragende Arbeit. Wir sind bereit, etwas zu tun, aber es muss auch passen.“

Alfred Tatar (Sky-Experte):
…über den WSG-Kader: „Die Kaderzusammenstellung bei finanziell limitierten Vereinen – da zähle ich die WSG dazu – ist immer ganz schwierig. Da hast du als Trainer zwar Wünsche, aber die lassen sich nicht erfüllen, weil die Spieler zu einem anderen Klub gehen, wo sie sich mehr erhoffen. Die Kaderzusammenstellung bei der WSG ist durchaus gelungen. Ich sehe einige sehr entwicklungsfähige Spieler. Das Einzige, was gefehlt hat, war, dass man gute Leistungen nicht mit den nötigen Punkten abgeschlossen hat. Das zieht sich wie ein roter Faden durch die Saison. Insgesamt sehe ich aber nur positive Ansätze mit vielversprechenden Spielern in den Reihen der WSG.“

…über den Werdegang von Philipp Semlic: „Ich finde es immer gut, wenn man schon ein Vorerleben hat, bevor man einen Klub in der Bundesliga übernimmt. Bei ihm ist das jetzt so. Er ist 41 und hat schon einige Erfahrungen gesammelt, seine Persönlichkeit selber auch schon entwickeln können. Daher ist er jetzt auch reif dafür, was am Programm steht. Philipp ist bereit dafür.“

…über die Stadionthematik der WSG Tirol: „Für die weitere Entwicklung des Klubs wäre es schön, wenn dort ein bundesligataugliches Stadion ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass es interessierte Investoren gibt. Mittlerweile sieht man das in ganz Europa, dass man Partnervereine hat. Vielleicht gibt es Interessenten aus der deutschen Bundesliga, dass man sagt: ‚Dort wird super gearbeitet. Dort können wir unsere jungen Spieler spielen lassen.‘. Das wäre sicherlich ein super Ansatz. Innsbruck ist einfach nicht die Heimstätte von Wattens. So ehrlich muss man dann sein.“

Medieninfo Sky Österreich

31.10.2024


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