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Nach hart erkämpften Siegen für Jurij Rodionov und Lukas Neumayer ist der Sprung unter die besten 8 Nationen der Welt zum Greifen nah.

Was für ein Auftakt in der Fönix Arena in Debrecen! Das KURIER Austria Davis Cup Team liegt in der zweiten Qualifikationsrunde zu den Davis Cup Final 8 nach dem ersten Tag in Ungarn sensationellerweise mit 2:0 in Führung. Dafür verantwortlich: Jurij Rodionov und Lukas Neumayer. Zuerst zwang der Niederösterreicher (ATP 158) am späten Nachmittag die ungarische Nummer eins Fábián Marozsán (ATP 56) nach 2:17 Stunden Spielzeit und bärenstarker Leistung mit 6:2, 6:7 (5), 7:5 in die Knie. Und darauf überraschte Neumayer (ATP 173) mit dem 6:3, 3:6, 7:6 (7) über Márton Fucsovics (ATP 59) nach 2:57-stündigem und nicht minder bemerkenswertem Kampf. Der Salzburger war für Österreichs Nummer eins Filip Misolic in die Bresche gesprungen, der Steirer (ATP 94) musste aufgrund seiner Verkühlung kurzfristig passen und gar die Heimreise antreten. Die Mannschaft von ÖTV- Sportdirektor und -Davis-Cup-Kapitän Jürgen Melzer ist dennoch bloß noch einen Schritt davon entfernt, österreichische Tennisgeschichte zu schreiben, zum ersten Mal seit dem Jahr 2012 unter die acht besten Nationen der Welt einzuziehen und also vom 18. bis 23. November beim Finalturnier in Bologna aufzuschlagen. Bereits beim Doppel am Samstag ab 11:00 Uhr könnte gar die Entscheidung fallen. In dieses gehen der Niederösterreicher Lucas Miedler (ATP-Doppel 28) und der Tiroler Alexander Erler (ATP-Doppel 41) gegen die Gastgeber, bei denen bisher Marozsán (ATP-Doppel 344) und Zsombor Piros (ATP-Doppel 1107) aufgeboten waren, als Favoriten. Es gäbe aber auch noch zwei weitere Chancen: Denn im Anschluss stünde das dritte Einzel zwischen Neumayer und Marozsán auf dem Plan. Und beim alles entscheidenden fünften Spiel würden wohl Rodionov und Fucsovics einlaufen. ORF SPORT+ und ÖTV TV unter www.oetv.tv übertragen live.

Beeindruckende Moral: Rodionov zieht Kopf aus der Schlinge
Rodionov zeigte sich von der Hiobsbotschaft des Ausfalls von Misolic unbeeindruckt und steuerte im Eröffnungsspiel zunächst schon auf einen deutlichen Zweisatz-Sieg zu. Der 26-Jährige gab im ersten Durchgang klar den Ton an, zog von 0:1 auf 5:1 samt Satzball zum 6:1 davon, musste dann zwar doch noch ausservieren, tat dies jedoch souverän zu null. Und der souveräne, fehlerarme Auftritt des rot-weiß-roten Linkshänders setzte sich munter fort, zu null nahm er Marozsán zum Beginn des zweiten Abschnitts abermals das Service ab. Diesen Vorsprung hielt er lange Zeit, ehe Marozsán zunehmend aufkam, sich markant steigerte, schließlich zu null auf 4:4 ausgleichen und sich den Satz im Tiebreak nach 0:3-Rückstand noch sichern konnte. Und als Rodionov bei 1:0 im dritten Durchgang eine Breakchance nicht nützen konnte und sich kurz darauf gegen seinen wie entfesselt aufspielenden Kontrahenten bei 1:3 und 15:40 wiedersah, schien das Match bereits fast verloren. Doch Rodionov bewies enorme Moral, wehrte auch noch einen dritten Breakball ab, schlug im nächsten Game zum 3:3 zurück und bekam wieder Oberwasser.

Der gewaltige Kampfgeist von Rodionov, der ein ums andere Mal mit vollem Einsatz über den Hartplatz grätschte, machte sich im Finish letztlich bezahlt, als Marozsán nochmals wackelte. Bei 6:5 und 30:30 servierte ihm der Ungar über einen Doppelfehler den ersten Matchball, den Rodionov noch vergab. Den zweiten nicht mehr: Erleichtert jubelte er auf – und schlug mit ÖTV-Sportdirektor und -Davis-Cup-Kapitän Jürgen Melzer auf der Bank und den weiteren Teammitgliedern ab. Rodionov machte keinen Hehl daraus, wie schwer dieser Coup gerade im Davis Cup für ihn wiegt, „in so einem wichtigen Match. Wir wollen alle nach Bologna fahren, und ich habe den ersten Punkt gemacht – besonders gegen so einen Gegner bei so einem Match. Das war so eine richtige Achterbahnfahrt, jeder hätte das Match gewinnen können.“ Es sei absolut sein schönster Sieg in einem Länderkampf, vor allem wenn man bedenkt, „wie das Spiel verlaufen ist und dass ich’s geschafft habe, es irgendwie noch zu drehen und zu gewinnen. Dieses Match wird mir definitiv noch sehr lange in Erinnerung bleiben.“

Neumayer legt nach unglaublichem Nervenkrimi nach
Neumayer machte im Anschluss dort weiter, wo Rodionov zuvor aufgehört hatte. Mit der 1:0-Führung im Rücken spielte der dreimalige, amtierende Staatsmeister ganz groß auf, wusste Fucsovics in oftmals intensiven Grundlinienrallys immer wieder zu übertrumpfen und in die Schranken zu weisen. Jenen Mann, der erst vor drei Wochen in Winston-Salem ebenfalls auf Hartplatz den dritten ATP-Karrieretitel gefeiert hatte. Doch Neumayer war es, der im ersten Satz über weite Strecken den Ton angab, sich nach dem ersten Break zum 4:2 vom postwendenden Rebreak nicht aus der Bahn werfen ließ, gleich wieder zum 5:3 nachlegte und trocken zu null ausservierte. Im zweiten Durchgang machte einzig ein Serviceverlust des 23-Jährigen zum 1:3, nach hart umkämpftem Game, den Unterschied zu seinen Ungunsten. Als Neumayer bei 3:0 im dritten Abschnitt gar die Chance zum 4:0 vorfand, schienen die Weichen auf Sieg gestellt, doch Fucsovics brachte sich durch zwei enge, gewonnene Games wieder zurück ins Spiel. Nach einem Break zum 6:5 servierte er gar aufs Match, Neumayer konterte aber und rettete sich ins Tiebreak.

Und auch die Kurzentscheidung war an Dramatik nicht zu überbieten. Fucsovics glückte ein erstes Minibreak zum 5:4, Neumayer gewann plötzlich beide Returnpunkte, ließ aber den ersten Matchball aus. Und kurz darauf auch den zweiten. Eine packende Rally jagte im Finish die nächste – doch ausgerechnet ein Doppelfehler des physisch mehr am Limit befindlichen Fucsovics zum 7:8 bedeutete die Vorentscheidung. Beim dritten Matchball machte Neumayer den Sack zu, durfte über seine Sternstunde und seinen dritten Sieg in seinem dritten Davis-Cup-Match jubeln – vor den Augen des wieder mit dutzenden Fans erschienenen, lautstarken ÖTV-Davis-Cup-Fanclubs und der österreichischen Delegation mit ÖTV-Vizepräsident Jürgen Roth, ÖTV-Geschäftsführer Wirtschaft Thomas Schweda. Neumayer atmete durch: „Jetzt ist es eigentlich nur Erleichterung – weil ich wirklich ein richtig gutes Match abgeliefert habe. Es hätte schon richtig wehgetan, wenn ich diesen Punkt nicht geholt hätte. Ich finde, das Match war eigentlich drei Sätze auf sehr gutem Niveau“, meinte er. Am Ende „entscheiden dann die Kleinigkeiten. Schlussendlich bin ich nur extrem glücklich“, strahlte er bei der Pressekonferenz, wie auch Kapitän Melzer. „Ein 2:0 hätte ich gestern am Abend unterschrieben. Ich habe immerzu gesagt, wir brauchen ein perfektes Wochenende, damit wir nach Bologna reisen können. Den ersten perfekten Tag haben wir absolviert, es fehlt uns noch ein Punkt. Drei Chancen haben wir. Ich hoffe, dass wir das morgen zumachen können“, so der Niederösterreicher. Und warnte zugleich aber: „Wir müssen jetzt auch aufpassen, dass wir nicht in zu viel Euphorie verfallen, weil auch schon andere Partien von 0:2 weg gewonnen worden sind – da müssen wir auf der Hut sein. Aber wir sind in einer super Ausgangsposition. Jetzt haben wir die Möglichkeit, wirklich das zu schaffen, wovon wir die ganze Zeit nur geredet haben.“

Davis Cup 2025, 2. Qualifikationsrunde in Debrecen
Ungarn – Österreich 0:2

Freitag, 15:00 Uhr (live auf ORF SPORT+ und ÖTV TV unter www.oetv.tv)
Fábián Marozsán – Jurij Rodionov 2:6, 7:6 (5), 5:7
Márton Fucsovics – Lukas Neumayer 3:6, 6:3, 6:7 (7)

Samstag, 11:00 Uhr (live auf ORF SPORT+ und ÖTV TV unter www.oetv.tv)
Fábián Marozsán / Zsombor Piros – Lucas Miedler / Alexander Erler
Fábián Marozsán – Lukas Neumayer
Márton Fucsovics – Jurij Rodionov
 
Presseinfo
ÖTV

12.09.2025


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