Michael Eschlböck: Es ist eine enorme Entwicklung im Gang

Der AFBÖ hat einen Plan. Die Europameisterschaft 2014 soll nach Österreich geholt werden. Im Gespräch mit Thomas Muck spricht AFBÖ-Präsident Michael Eschlböck über den Stand der Bewerbung, analysiert den aktuellen Stand im heimischen Football und spricht über die NFL.
Sportreport: Herr Präsident, der Verband AFBÖ plant eine Bewerbung für die Europameisterschaft im Jahr 2014. Wie sieht der aktuelle Status der Planungen aus?
Michael Eschlböck: Der AFBÖ wird sich um die Turnierausrichtung bewerben. Wir haben die Vorgespräche mit den öffentlichen Stellen, sprich dem Sportministerium, geführt. Man muss ganz klar sagen, dass ohne Unterstützung der öffentlichen Hand geht es definitiv nicht.
Aufgrund der Weltmeisterschaft wurden wir nicht brüsk abgewiesen sondern man hat uns wohlwollend angehört und steht auch so der Bewerbung gegenüber. Das Ministerium wird jetzt Gespräche mit den entsprechenden Ländern und Städten führen ob sie denn es „ähnlich sehen“. Wenn wir dann ein offizielles Feedback bekommen können wir offiziell die Bewerbung abgeben.
Sportreport: Sie haben die Weltmeisterschaft angesprochen. Es ist sind jetzt einige Monate seit dem Finale vergangen. Was ist in Erinnerung geblieben?
Michael Eschlböck: 20.000 Zuschauer die im Ernst Happel-Stadion die „Biene Maja“ gesungen haben beim Spielstand von „hoch“ zu „wenig“. Es war einfach eine Party mit einer unglaublich guten Stimmung. Egal ob das Graz, Innsbruck oder Wien war.
Was dazu kam: Wir hatten noch den schönen Teil des Sommers gehabt. Es war alles „leiwand“. Es hat einfach alles bis in kleinste Detail gepasst. Die Teams haben sich wohl gefühlt. Von den Zuschauern haben wir nur positives Feedback erhalten. Ich glaube es war eine stimmige, obwohl die Form des Balls eine andere ist, runde Sache.
Sportreport: Sie haben nach der WM im Interview mit Sportreport gehofft, dass die WM dem österreichischen Football nachhaltige, positive Aspekte bringen wird. Jetzt wurde bekannt, dass die Graz Giants drei Heimspiele in der UPC Arena spielen. Die Vikings werden zwei Partien im Heimstadion der Wiener Austria spielen. Wie zufrieden bist du mit der Entwicklung seit dem Ende des WM-Turniers?
Michael Eschlböck: Wunderbar, denn das war die Hoffnung die wir an die Weltmeisterschaft geknüpft haben. Ziel war es die öffentliche Wahrnehmung für den Sport zu erhöhen und auch bei den öffentlichen Stellen und Partner aus der Wirtschaft positiv präsentieren zu können. Wir wollten mit der WM ein Fundament schaffen auf dem wir die nächsten Stufen aufbauen können. Genau das passiert jetzt!
Wenn ich jetzt an Wien denke so sind die Vikings auf der Hohen Warte ja schon Tradition. Die sind wo anders kaum vorstellbar. Das auch sie den Schritt in die nächste höhere Stufe im Stadion gehen zeigt, dass hier eine enorme Entwicklung weitergegangen ist.
Sportreport: Das Probetraining „Tryout“ hat vor wenigen Wochen rund 1000 Jugendliche angelockt. Wohin geht die weitere sportliche Entwicklung der Sportart in Österreich?
Michael Eschlböck: Hoffentlich zu einer weiteren Verbreiterung! Damit meine ich eine Verdoppelung ist doppelter Hinsicht. Einerseits natürlich das die Teams selbst größer werden. Du benötigst große Kader im American Football. Es ist besser wenn ein Team mehrere Sparten, mehrere Sektionen hat. Ideal ist wenn ein Team in mehreren Ligen spielt. Einfach um sich selbst nähren zu können. Besser so als auf anderen Seiten mehrere kleine Teams haben die nicht überlebensfähig sind. Aber Neugründungen von Teams sind durchaus sehr wichtig. Besonders dort wo wir noch die „weißen Flecken auf der Landkarte“ haben. Genau das passiert jetzt. Die Pinzgau Devils haben schon vor der Weltmeisterschaft angefangen. Mit den Weinviertel Spartans und den Canunthum Legionaries haben wir zwei neue Teams im Osten dazubekommen.
Sportreport: Weihnachten ist immer gleichzeitig auch der „inoffizielle Startschuss“ für kommenden AFL-Sasion. Wie sehen sie sportlich den derzeitigen Stand der Lage?
Michael Eschlböck: Europaweit sind wir top. Wir sind nicht einsam an der Spitze aber sind mit dabei. Deutschland, Frankreich und wir sind auf Augenhöhe. In diesen Spielen kann jeder jeden schlagen. Bei der WM sind wir leider gegen Frankreich sportlich ausgerutscht. So ist halt Sport – die Junioren haben für die sportliche Revanche gesorgt. Da sind wir gut aufgestellt. Auch mit den zwei Österreichern die für die Weltauswahl vornominiert sind – bevor die anderen dazukommen. Natürlich möchte ich auch den Coach der auch dabei ist, Jakob Dieplinger, erwähnen. Er wird sich um die Wide Receiver kümmern. Das zeigt, dass Österreich kontinuierlich an Qualität wächst.
Sportreport: Heuer gibt es in der AFL eine neue Legionärregel. Nur zwei A-Spieler (Anm.: Amerikaner) sind am Spielfeld erlaubt. Kritiker behaupten, dass man dadurch sportlich einen Nachteil erleiden könnte. Wie ist deine Meinung dazu? Wie sehen sie die Kritiken?
Michael Eschlböck: Zum einen war ich persönlich doch überrascht, dass die Teams so abgestimmt haben – sogar mit großer Mehrheit. Auf der anderen Seite freut es mich. Denn weniger Amerikaner – oder A-Klasse-Spieler – bedeutet mehr Österreicher.
Ich möchte aber hinzufügen, dass ich es ganz ohne Amerikaner auch nicht machen würde. Denn sie brauchen wir als Maßstab – als Gradmesser – oder als Sparringpartner. Je nach dem wie man es formulieren möchte. Wir brauchen sie noch als Difference maker.
Was die Angst vor Europa betrifft so stehe ich dem relativ gelassen gegenüber. Natürlich gibt es derzeit Teams die viel Geld haben und einkaufen wie die Wilden und ganz Europa zusammenkaufen. Das gibt’s – das kennen wir auch aus dem Fußball. Nehmen wir Red Bull Salzburg als Beispiel. Sie haben das größte Budget mit Abstand in der österreichischen Bundesliga. Wenn ich aber auf die Tabellenspitze schaue sehe ich sie dort nicht. Natürlich ist es eine Gefahr. Aber wenn wir Österreicher uns auf unsere Stärken besinnen und konsequent trainieren und arbeiten dann sollten wir uns weiter im europäischen Topbereich halten können.
Sportreport: Sie sind ein ausgewiesener NFL-Experte. Wie lautet ihr bisheriges Saison-Fazit?
Michael Eschlböck: Spannend, mit wechselnden Ereignissen! Nehmen wir die Buffalo Bills die am Anfang alles gewonnen haben. Da konnte man sich mitfreuen mit dem Team, welches über viele Jahre im sportlichen Nirwana verschwunden war. Jetzt drohen sie wieder wegzubrechen. Die Detroit Lions spielen sensationell. Die Denver Broncos und der Twist der über Tim Tebow ausgebrochen ist. Ist er überhaupt ein Quarterback oder ist er ein Runningback der jetzt Quarterback spielt. Spielt er eine Wildcat-Offense oder was auch immer.
Es gibt so viele Dinge. Die Green Bay Packers die faszinierend spielen. Viele spannende Spiele, viele Spiele mit vielen Punkten. Es ist einfach eine tolle Saison von der man nicht sagen kann wie sie endet. Aber so soll’s sein.
Sportreport: Ndamukong Suh wurde wegen eines Tritts gegen seinen Gegenspieler für zwei Spiele gesperrt. Wie würde ein solches Vergehen in Österreich geahndet werden? Die Kritik an seiner Person war nach dem Vergehen durch sehr groß.
Michael Eschlböck: Dazu muss man sagen, dass er eine Vergangenheit hat. Es war nicht die erste Strafe gegen seine Person. In der NFL fängt es mit Geldstrafen an. Die haben wir in Österreich beim Amateursport nicht!
Wenn man sich das Video ansieht und dann kommt die Ausrede „ich habe halt das Gleichgewicht verloren und ich wollte gar nicht hintreten“, so kann ich seine Meinung nicht teilen.
In Österreich würde ein solcher Spieler mit einer ähnlichen Vorgeschichte für vier bis sechs Spiele gesperrt werden und zwar unbedingt.
Sportreport: Ist Quarterback Tim Tebow ein guter oder ein schlechter Quarterback?
Michael Eschlböck: Im Sport zählen Siege. Die Broncos gewinnen ihre Spiele. Vielleicht war Tebow mit seiner Art der Unterschied den die Broncos benötigt haben. Der mediale Hype um seine Person ist aber schon beinahe einzigartig.
Sportreport: Wem sehen sie in der Superbowl? Wer wird gewinnen? Wer sind deine Favoriten?
Michael Eschlböck: Klar sind die Green Bay Packers ein Favorit in der NFC. Größter Kontrahent, wie es zurzeit aussieht, sind die San Francisco 49ers. Die New England Patriots muss man trotz wechselnder Leistungen immer auf der Rechnung haben. Sehr viel halte ich auch von den Baltimore Ravens. Sie spielen eine geile Defense – wenn man das so sagen darf. Natürlich darf man auch die Steelers nie von der Rechnung streichen.
Es wird nette, harte Kämpfe geben. Superbowl? Green Bay kann den Widereinzug durchaus schaffen. Ich glaube fast, dass es die Ravens schaffen können. „Defense wins Championship“! Sie könnten daher den Triumph von 2000 durchaus verteidigen.
Sportreport: Das Weihnachtsfest steht vor der Türe. Was wünscht sich der Verbandspräsident Michael Eschlböck und was die Privatperson?
Michael Eschlböck: (überlegt kurz) Als Verbandspräsident wünsche ich mir, dass sich unsere Sportart weiter positiv entwickelt. Hoffentlich geht der positive Trend der letzten Jahre weiter. Das wir wirtschaftlichen Erfolg haben und uns weiter vergrößern und verbreitern. Hoffentlich können wir mit dem Nachwuchs weiter gut arbeiten und entsprechende Erfolge feiern können. Natürlich würde ich mir auch wünschen, dass sich die großen Stadien bei American Football-Spiele weiter füllen und wir immer mehr Fans gewinnen können.
Und als Privatperson? Mein Gott, wir leben in einer Konsumgesellschaft. In Wahrheit zählt nur eines und das kennt die Sportredaktion aus leidiger Erfahrung selbst sehr genau – Gesundheit. Denn um kein Geld der Welt kannst du dir Gesundheit kaufen. Also wünsche ich mir, euch und den Sportreport-Lesern Gesundheit und Zufriedenheit.
Das Gespräch führte Thomas Muck
06.12.2011