Roman Seybold: „Die Medaillen liegen in einer Schuhschachtel“

Im Heimspiel gegen die Swarco Raiders feierte Roman Seybold ein unglaubliches Jubiläum: Er bestritt sein 200. Spiel für die Raiffeisen Vikings. Thomas Muck bat den Jubilar zum Gespräch über seine Karriere, seine Medaillen und seine sportliche Zukunft.

Sportreport: Glückwunsch zum 200. Spiel für die Vikings! Du hast viel erlebt. Welche Dinge sind prägend in deiner Erinnerung?
Roman Seybold: Das mag für manche jetzt komisch erscheinen – aber an bittere Niederlagen erinnere ich mich zuerst. Beispiel die Eurobowl-Niederlage gegen Braunschweig, um nur eine zu nennen. Das hat mich immer angespornt, noch härter zu arbeiten.

Sportreport: Du hast mit den Vikings im europäischen Football alles gewonnen. Wo bewahrst du deine Trophäen auf?
Roman Seybold: (schmunzelt) Die habe ich alle in die Schuhschachtel gepackt! Ich bin nicht der Typ, der seine Trophäen gerne ausstellt. Die sind in der Schuhschachtel gut verwahrt.

Sportreport: Du hast in einem Interview erwähnt, dass du keine Pulver nimmst, um zu spielen. Du hast in deiner Karriere nur vier Spiele auslassen müssen. Wie lautet dein Geheimrezept um gesund zu bleiben?
Roman Seybold: Ich hatte in meiner Karriere natürlich auch Glück. Im Spiel gegen die Raiders ist mir einer ins Knie geflogen. Bei anderen Spielern hätte da auch das Knie grob verletzt sein können. Generell lebe ich gesund und trainiere hart. Warum ich aber von Verletzungen verschont geblieben bin, kann ich nicht beantworten. Natürlich hat unser Konditionstrainer, Mathias Kovacev, einen Riesenanteil an meinen Zustand. Er hat mich körperlich sozusagen generalüberholt. Ich fühle mich nicht so alt wie ich laut meinen Ausweisen bin. Im Moment fühle ich mich mindestens zehn Jahre jünger.

Sportreport: Du hast praktisch alles gewonnen was es im American Football zu gewinnen gibt. Was motiviert dich, weiterzumachen?

Roman Seybold: Es ist einfach der Spaß und die Freude am Football und am Training. Die Fans sehen nur die wenigen Spiele. Aber auch in der spielfreien Zeit trainieren wir vier bis fünf Mal pro Woche. So lange mir das Spaß macht, werde ich weitermachen.

Sportreport: Also noch kein Karriereende in Sicht?
Roman Seybold: Ich bin kein Freund von langfristigen Planungen. Ich habe viele warnende Beispiele erlebt: Spieler, die in ihrer letzten Saison verkrampfen. Entweder spielen sie dann schlecht oder sie verletzen sich. Ich möchte spielen, so lange ich Spaß habe. Wenn ich den nicht mehr spüre, werde ich in aller Ruhe zurücktreten.

Sportreport: In der NFL gibt es einen Spieler, der ähnlich alt ist wie du – Brett Favre. Was denkst du über ihn? Ärgert dich das Theater um sein jährliches Karriereende auch? Denkst dir du auch, dass sich der „junge Mann“ entscheiden soll?
Roman Seybold: (schmunzelt) Nein, ganz so schlimm ist es nicht. Aber ich muss mich als Fan von Brett Favre – und von den Green Bay Packers – outen. Er war ein großartiger Spieler und hat viel für unseren Sport getan. Aber in den letzten Jahren hat er viel von seinem eigenen Mythos zerstört. Das stimmt mich schon etwas traurig

Sportreport: Du bist verheiratet. Was sagt deine Gattin zu deiner langen Karriere? Stimmt es, dass hinter jedem starken Mann im Sport eine starke Frau steht?
Roman Seybold: Ja, das stimmt. Am Anfang meiner Laufbahn bei den Vikings war es nicht einfach für sie. Da war die Schwangerschaft und doch auch die ungewisse Materie American Football. Jetzt ist es aber anders. Sie kommt sehr gerne zu den Spielen und ist auch ein echter Fan geworden. Sie unterstützt mich sehr und hält mir den Rücken frei.

Sportreport: Das Spiel gegen die Raiders habt ihr mit 28:24 gewonnen. Ein Thriller bis zum letzten Spielzug. Wie erlebst du es mit, wenn die Verteidigung einen Vorsprung über die Zeit retten muss?

Roman Seybold: Ganz ehrlich – es ist grässlich. Natürlich vertraue ich den Jungs in der Verteidigung. Aber es ist nicht so einfach für mich, an der Seitenlinie zu stehen und zuzuschauen. Da bin ich dann wie jeder andere Fan auch und versuche die Jungs zu unterstützen. Aber sie haben das großartig erledigt und haben gut gehalten. Ich denke, wir haben verdient gewonnen und können auf dieser Leistung aufbauen.

Sportreport: Wie wichtig war der Sieg gegen die Raiders nach der Niederlage in Graz?
Roman Seybold: Natürlich war er wichtig für uns. Nach der Niederlage in Graz war unser Selbstvertrauen etwas angekratzt. Wir sind nach dieser Partie als Mannschaft sehr eng zusammengerückt. Vielleicht haben uns die ersten klaren Siege nicht gut getan.

Sportreport.at: Welche Schlagzeile würdest du gerne am Saisonende über dich persönlich und welche über die Vikings lesen?
Roman Seybold: Über mich persönlich? Dass ich wieder ins Nationalteam einberufen werde und eine gute Saison gespielt habe. Über die Vikings? Das ist einfach. Wir gewinnen die Austrian Bowl und die Eurobowl!

Das Gespräch führte Thomas Muck

20.04.2011


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