
Zwölfter Gast bei Kimberly Budinsky im Sky Sport Austria Talkformat „RIESENrad – Sportgrößen im Waggon 28“ war der österreichischen Profi-Golfer Bernd Wiesberger.
Alle Stimmen zu „RIESENrad – Sportgrößen im Waggon 28“
Bernd Wiesberger (Golfprofi):
…über seine Kindheit: „Meine Eltern haben das Geschäft von meinen Großeltern übernommen und dann in ein Sportgeschäft umgewandelt. Das war natürlich für mich und meinen Bruder optimal. Du hast den Zugang zu allem möglichen, konntest die Sportartikel einfach nach der Schule mitnehmen und ausprobieren. Dann bin ich irgendwie beim Golf hängen geblieben. Natürlich auch durch meine Eltern, durch meinen Vater, der Gründungsmitglied beim Golfclub Bad Tatzmannsdorf war. Die ersten Schläge habe ich relativ früh, mit drei, vier Jahren, gemacht. Damals war der Platz noch im Bau. Mit sechs, sieben Jahren habe ich die Platzreife zum Geburtstag bekommen und es hat sich schrittweise weiterentwickelt.“
…über den Schritt zum Profi 2006: „Ich habe Ende 2006 die Amateur-WM in Südafrika gespielt und bin dann danach mit meinem Bruder als Caddy zu den Qualifikations-Turnieren gefahren, um mich für die European Tour zu qualifizieren. Dort habe ich gleich die Qualifikation zur zweithöchsten Ebene, der Challenge Tour geschafft. Da war dann der Schritt für mich mit 21 zu sagen, ich wechsle zum Profi.“
…weiter über die Unterschiede zwischen Amateur und Profi: „Man springt natürlich ein bisschen ins kalte Wasser. Amateur Golf und Profi Golf sind doch ein immenser Unterschied. Ich musste mich zuerst ein bisschen fassen und meinen Weg als Profi finden. Im Amateurbereich wird einem alles mehr oder weniger von den Eltern oder vom Verband hingelegt, wo man hinfliegt, in welches Hotel man geht. Man muss eine Eigenständigkeit im Einzelsport-Beruf erlangen, was natürlich eine Umstellung war. Vom sportlichen her musste ich mich auch ans Profi-sein hinarbeiten.“
…über den Aufstieg zur European Tour 2009 und den Abstieg zur Challenge Tour 2010: „Ich glaube, das Wichtigste zu diesem Zeitpunkt war dieser Rückschritt von der European Tour zur Challenge Tour, um zu wissen, wo ich hin muss, um auf höchster Ebene spielen zu können und auf höchster Ebene kompetitiv zu sein. Dieser Schritt zurück und dann ab 2010, wo ich die richtigen Schritte gesetzt habe, mich in den wichtigen Bereichen enorm verbessert habe, sodass ich seither auf höchster europäischer Ebene und bis in die Top 25 der Welt vorgekommen bin.“
…angesprochen auf den zweiten Turniersieg seiner Karriere, den ersten in Österreich: „Für uns ist es so, dass wir den größten Teil unserer Turniere im Ausland auf der ganzen Welt verteilt spielen. Deshalb war es für mich immer ein besonderes Ereignis, wenn ich vor einheimischem, eigenem Publikum spielen konnte. 2012 habe ich meinen ersten Turniersieg in Korea gefeiert, was eine gewisse Welle an Euphorie im Golfsport in Österreich losgetreten hat. Das hat mich natürlich selbst auch abgesichert. Zu wissen, ich kann mit den besten in Europa und der Welt um Turniersiege mitspielen. Ich bin dann vier bis fünf Wochen später zu den Lyoness Open nach Österreich gekommen, hab nahtlos angeschlossen und ein wirklich extrem emotionales Wochenende gehabt und vor vielen Fans, zum ersten Mal vor meinen eigenen Freunden und Familie, ein Turnier gewonnen. Obwohl ich danach noch größere Turniere gewonnen habe, war das der mit Sicherheit emotionalste und der Moment, an den ich mich am liebsten zurückerinnere“
…welchen Platz die Trophäe hat: „Sie steht bei mir im Haus in Bad Tatzmannsdorf. Aber ich versuche, Golf in meinem täglichen Leben nicht auf ein Podest zu stellen. Ich habe einen eigenen Indoor Golf-Raum, den ich im Winter und bei Schlechtwetter zum Trainieren verwende. Da hab ich einen Platz gefunden, wo ich Trophäen und viele Sachen, die sich über die Jahre angesammelt haben, präsentiere. Es ist schön, wenn man sich im Training umdreht und auf die Pokale schaut und vielleicht ein bisschen Motivation mitnimmt.“
…warum Golf in seinem Privatleben keine große Rolle spielen soll: „Es hat natürlich einen Platz bei mir zu Hause, aber ich will das alles nicht so „in your Face“ aufstellen. Ich bin auch nicht unbedingt der, der sich so dadurch selbst präsentiert. Es hat seinen Platz, aber nicht so im unmittelbaren täglichen Leben, wo ich mich bewege.“
…über den Meilenstein 2015, als er als erster Österreicher beim Masters in Augusta teilnehmen durfte: „Das ist rein theoretisch ein reines Einladungsturnier. Natürlich gibt es Kriterien über die Weltrangliste, aber diese Turniere sind mit Abstand die schwierigsten, um sich zu qualifizieren. Das Starterfeld ist relativ überschaubar. Eben deswegen, weil es so schwierig ist, dort dabei zu sein, hat es eine gewisse Aura, eine gewisse Einzelstellung in den Majors. Das war natürlich ein langer Prozess und ein Ziel von mir, dort einmal dabei zu sein. Ich habe es geschafft, dass ich mittlerweile sechs Mal beim Masters aufspielen konnte. Es ist ein ganz spezielles Turnier und mit Sicherheit eines, das alle Spieler einmal gewinnen wollen. Wenn man das erste Mal dort ist und die Proberunde spielt, die ganzen ehemaligen Sieger, die ganzen Legenden, sei es aus jüngeren Jahren oder bis zurück in die 80er-Jahre wieder zurückkommen, ist das ein ganz spezielles Turnier und ein eigenes Flair.“
…über die Handgelenksverletzung 2018: „Es war Anfang Mai und es sind ein paar Faktoren zusammengekommen. Ich habe einen relativ schlechten Start in die Saison gehabt, habe mich erst zwei Wochen davor nach einem schlechten Turnier in China von meinem langjährigen Caddy getrennt. Ich war im Golfclub in Schonbörn mit einem Sponsor von mir einen Tag lang unterwegs und habe mit Kunden und Gästen eine Runde gespielt. Ich habe einen Schlag gemacht und wie aus dem nichts hat es mir einen Stich im linken Handgelenk gegeben. Ich bin dann weitergegangen zum nächsten Ball und beim Herausnehmen vom nächsten Schläger habe ich einen extremen Schmerz bekommen, konnte den Schläger nicht mehr halten, geschweige denn schwingen. Da ist mir relativ schnell bewusst geworden, dass das nicht optimal ist. Mein erstes Turnier habe ich dann Ende November, Anfang Dezember in der Saison 2019 spielen können.“
…wie die Zeit mental für ihn war: „Ich hab mich zu diesem Zeitpunkt schon qualifiziert gehabt für Turniere, die mir persönlich sehr wichtig waren und für die ich mich dann abmelden musste. Aber ich habe versucht, das positive aus dem Rückschlag herauszuziehen, wo ich mich verbessern kann. Ich habe das extreme Glück gehabt, dass ich zu dieser Zeit Menschen gehabt und getroffen habe, die mich unterstützt und auf den richtigen Weg gebracht haben und bei wichtigen Entscheidungen unter die Arme gegriffen haben. So dass ich rückblickend sagen kann, dass alles besser verlaufen ist, als ich es hätte erwarten können.“
…über die mitgebrachte Handgelenksstütze: „Ich musste diesen Verband im Fitnessstudio beim Training und auch untertags zur Stabilisierung des Handgelenks tragen. Es ist ein kleines Andenken an die sechs Monate. Natürlich auch die Narbe, die geblieben ist.“
…über das Jahr 2019, wo er seine beste Weltranglistenplatzierung und drei Turniersiege feiern durfte: „Ich habe die Zeit, wo ich nicht Golf spielen konnte oder in der Vorbereitung war, um wieder Turniergolf zu spielen, ganz gut genutzt und mich mit guten Leuten umgeben. Es hat alles dazu geführt, dass ich meine Siegchancen, die ich erspielt habe, gut ausgenutzt habe. Natürlich war das ein Bombenjahr und ich konnte mich in der Weltrangliste extrem weit vorarbeiten. Das war mit Sicherheit ein Anstoß zu dem, was 2 Jahre später mit dem Ryder Cup passiert ist.“
…weiter über den Ryder Cup: „Mit Sicherheit waren die zwei großen Turniersiege in Schottland und Italien der Stein des Anstoßes, die das möglich gemacht haben, dass ich mich als erster Österreicher für den Ryder Cup qualifizieren konnte. Sowohl die siegreiche als auch die verlierende Mannschaft bekommt ein Andenken. Nichtsdestotrotz war es ein Sieg für mich, weil es extrem gutes Golf über einen extrem langen Zeitraum braucht, um Teil eines europäischen Ryder Cup Teams zu werden.“
…was es bedeutet, am Ryder Cup teilzunehmen: „Die Erfahrungen, die man dort macht, mit Spielern, gegen die man normalerweise spielt, zusammen in einem Team zu agieren, ist ganz speziell. Dieser Wechsel vom egoistischen Einzelsportler zur Teamstruktur ist unvergleichbar in unserem Sport. Das macht es auch zu dem Event, das es dann ist. Ich erwische mich selbst immer wieder, wie ich auf die Trophäe hinschaue, weil so viel Emotionen in diesen Event und in diese Woche reingegangen sind.“
…ob es den Aufwand immer wert war: „Im Großen und Ganzen ja. Man braucht natürlich Familie, Freunde und Partner, die mit einem am gleichen Strang ziehen. Das war bei mir immer so. Jeder hat irgendwo das Recht und das Verlangen darauf, seine eigenen Träume verwirklichen zu wollen. Ich glaube, es gibt keinen größeren Traum als den, den ich die letzten 17 Jahre gelebt habe.“
…welchen Anteil die Familie Wiesberger am Erfolg hat: „Einen extrem großen. Es ist eine gewisse Art von Familienunternehmen, nicht erst, seit ich Profi bin. Ich glaube, jeder der Kinder hat, selbst bin ich noch kein Elternteil, wird sagen, dass man denen alles ermöglichen will. Bei meinem Bruder und mir war das auch so. Es ist natürlich auch ein extremer finanzieller Aufwand für die Eltern bis hinein in den Profibereich. Mein Vater und mein Bruder helfen mir weiter im Management-Bereich in Österreich, dass ich eigentlich nur noch Trainieren und Golfspielen gehen brauche und alles andere mehr oder weniger erledigt ist. Alles, was man in Hände legen kann, denen man extrem vertraut, und man weiß, dass dann alles passt, hilft extrem und ich kann mich auf die Sachen konzentrieren, die ich kontrollieren kann.“
…ob er Gedanken an das Karriereende hat: „Das Thema Karriereende hat sich für mich überhaupt noch nie in den Hinterkopf gesetzt oder ergeben. Ich bin noch extrem motiviert. Mittlerweile bin ich die mittelalte, vielleicht sogar ältere Generation auf der European Tour, die es den jungen nachkommenden irgendwo beweist. Aber ich glaube nicht, dass ich auf einer Seniors Tour spielen werde. Zumindest könnte ich mir das zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorstellen, denn es ist meine 17. Saison. Knapp 27-28 Turniere pro Saison im Schnitt, irgendwann zehrt das natürlich. Gestern erst bin ich wieder 24 Stunden auf einer Rückreise von einem Turnier gewesen.“
…über den mentalen Aspekt beim Golfen: „Ich glaube, es ist gewisser Weise so wie ein unsichtbarer 15. Schläger – man darf im Golf nur 14 Schläger mitnehmen. So wie der berühmte 12. Mann im Fußball ist es im Golf der 15. Schläger, mit dem man den einen oder anderen Schlag sparen kann. Das bedeutet nicht immer, dass ich die allerruhigste oder gefassteste Person am Platz bin. Hin und wieder, zum Beispiel letzten Sonntag, fliegt mal ein Schläger, das kann natürlich schon auch passieren. Aber in den Situationen, wo es darum geht, ob man den Pokal mitnimmt oder nicht, habe ich schon eine sehr starke Persönlichkeit und ein Golf-Hirn entwickelt, um mich in den richtigen Situationen auf 110% pushen zu können.“
…über seine 9-jährige Beziehung und die gegenseitige Unterstützung: „Wir versuchen uns natürlich gegenseitig zu unterstützen. Sie wird in ein paar Monaten mit dem Jus-Masterstudium fertig und ich versuche, sie da so gut wie möglich zu unterstützen, weil es auch für sie ein extremer Aufwand ist. Es kann nicht funktionieren, wenn die Unterstützung nur von einer Seite kommt. Die Unterstützung ist immens und es würde ohne dieser gar nicht gehen.“
Das neue Sky Sport Austria Talkformat „RIESENrad – Sportgrößen im Waggon 28“:
„Es lebe der Sport!“ – frei nach dem Motto von Reinhard Fendrich präsentiert das neue Sky Sport Austria Talkformat „RIESENrad – Sportgrößen im Waggon 28“. Bei Sky Sport Austria Moderatorin Kimberly Budinsky erzählen die Legenden und großen Persönlichkeiten des Sports ihre einmalige Lebensgeschichte. Schauplatz des Talks ist eines der bekanntesten Wahrzeichen der österreichischen Metropole – das Wiener Riesenrad. In einem zu einem Fernsehstudio umfunktionierten Waggon geben außergewöhnliche Sportgrößen exklusive Einblicke abseits der Sportarena und lassen die österreichischen Fans an den Höhen und Tiefen ihres Lebens teilhaben: Welche einschneidenden Erlebnisse haben sie geprägt? Welche Steine haben den Weg blockiert und welche persönlichen Hürden mussten sie überwinden?
Medieninfo Sky Österreich
06.03.2023