Wahl-Wiener Dominic Dale fordert O’Sullivan im Crucible
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Am Samstag startet im Crucible Theatre in Sheffield der Höhepunkt des Snooker-Jahres – die Weltmeisterschaft 2011. Der in Wien lebende Waliser Dominic Dale will gleich zu Beginn des Turniers die Sensation schaffen und den dreifachen Weltmeister Ronnie O’Sullivan in die Frührente schicken.
Die Augen der Snookerwelt richten sich in den kommenden zwei Wochen auf Sheffield. Im legendären Crucible Theatre geht es um den Weltmeistertitel und um ein Gesamt-Preisgeld von 1,27 Millionen Euro.
Im Crucible werden die großen Stories dieses Sports geschrieben, vom Drama bis zum Triumph. Es ist ein Ort, durch den der Atem der Geschichte zieht. Hier werden Helden erschaffen und Helden zertrümmert. Die heute überlebensgroßen Snooker-Legenden wie etwa Steve Davis oder Stephen Hendry verdanken ihren Status als Kultfiguren Siegen in Sheffield. Hendry gewann das Turnier sieben Mal, Davis sechs Mal. Das Drama vom ewigen Zweiten schrieb Jimmy White, der sechs Mal ins Finale kam – und ebenso oft unterlag. Das Crucible bedeutet für Snooker mehr als Kitzbühel für den Skisport, mehr als Monaco für die Formel 1 oder Wimbledon für Tennis.
Dale fordert O’Sullivan
Am Montag (15.30 Uhr, Eurosport live) betritt auch Dominic Dale (39) die große Bühne in Sheffield. Der Waliser lebt und trainiert seit Jahren in Wien (siehe Interview). Er besiegte in der Qualifikation Michael Holt mit 10:6 und trifft nun in der ersten Runde auf den dreifachen Weltmeister Ronnie O’Sullivan. „Wenn ich gut in das Match starte, dann kann ich ihn schlagen“, schrieb Dale in seinem Blog auf worldsnooker.com. Obwohl Dale in den bisherigen 11 Duellen immer den Kürzeren zog, stehen die Chancen auf eine Sensation nicht schlecht. Denn der 35-jährige O’Sullivan, der wegen seiner schnellen Spielweise „The Rocket“ genannt wird, leidet – wie schon des öfteren – unter Motivationsproblemen. Die Veranstalter mussten ihn erst überreden, am Turnier überhaupt teilzunehmen.
Aufgrund seiner fehlenden Motivation und einigen unterirdischen Auftritten im Vorfeld zählt O’Sullivan heuer nicht zu den Favoriten. Das sind andere:
John Higgins – der „Wizard of Wishaw“
Der dreifache Weltmeister und Nummer 1 der Weltrangliste hat ein schwieriges Jahr hinter sich. Er wurde nach Bestechungsvorwürfen für ein halbes Jahr gesperrt und kehrte erst im November zurück an den Tisch. Dann verlor Higgins‘ Vater seinen Kampf gegen den Krebs. Doch der Schotte gab sich nicht auf: „Ich bin als Person stärker geworden, entschlossener“, sagte er gegenüber der BBC. Nur ein Monat nach Ablauf seiner Sperre gewann Higgins mit den UK-Championships das zweitgrößte Turnier der Welt. Jetzt greift der „Wizard of Wishaw“, wie ihn die Fans nennen, im Crucible nach seinem vierten WM-Titel.
Mark Williams – die „Welsh Potting Machine“
Als zweifacher Weltmeister kennt der Waliser das Gefühl, im Crucible zu gewinnen. Williams (36) gilt als brillanter, aber unkonstanter Spieler. Zuletzt zeigte seine Formkurve wieder nach oben – er erreichte das Finale der UK-Championships (knappe 10:9-Niederlage gegen Higgins) und zauberte bei seinem überraschenden Erstrunden-Aus bei den China Open gegen Stephen Lee vier Century-Breaks (mehr als 100 Punkte bei einer Aufnahme) auf den Tisch.
Neil Robertson – der „Thunder From Down Under“
Der australische Titelverteidiger spielte eine durchwachsene Saison. Nach dem Triumph im Vorjahr schien Robertson (29) nicht mehr so fokussiert auf den Sport zu sein. In den letzten drei Turnieren kam der Australier nicht über die zweite Runde hinaus. Für ausreichend Ablenkung der privaten Art sorgt sein 11 Monate alter Sohn. Doch Robertson hat eine ganz spezielle Motivation für das Turnier: Er könnte der erste Mann werden, dem es gelingt, den ersten Weltmeistertitel zu verteidigen. In der ersten Runde wartet allerdings ein hartes Los auf Robertson. Der englische Jungstar Judd Trump (21) konnte mit den China Open in Peking sein erstes großes Turnier gewinnen und wird dem Australier nichts schenken.
Die großen Abwesenden
Zwei Ex-Weltmeister sind heuer nicht im Hauptbewerb. Der bereits 53-jährige Steve Davis scheiterte in der Qualifikation an Wien-Champion Stephen Lee. Und Ken Doherty verpasste seinen Erstrunden-Platz mit einer Niederlage gegen Jimmy Robertson.
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Conrad Kleiner
14.04.2011