Großereignisse schreiben stets ihre eigenen Geschichten. Sowohl auf, als auch neben dem Spielfeld. Der zweite Spieltag in der Hauptrunde in Wien kann bereits richtungsweisend sein für die sechs Teams.
Schweiz und Slowenien brauchen einen Sieg um die Chance auf den dritten Gruppenplatz zu wahren, Deutschland steht gegen Dänemark unter Zugzwang, 18:00 Uhr live zu sehen auf ORF SPORT +, und die Niederlande und Norwegen kämpfen um Platz 1. Drei Duelle die auch drei besondere Geschichten erzählen.
Schweiz vs. Slowenien, 15:30 Uhr
Die Olympischen Spiele 2024 in Paris waren ein historischer Meilenstein für den slowenischen Frauenhandball – zum ersten Mal überhaupt spielten sie unter den fünf Ringen, nachdem sie Montenegro in der entscheidenden Qualifikationsrunde geschlagen hatten. Es gab zwar nur einen Sieg, gegen Südkorea, aber die Spielerinnen werden diese Erfahrung nie vergessen. Die Olympischen Spiele markierten aber auch einen Wendepunkt für Slowenien: Viele Topstars beendeten danach ihre Nationalteam-Karriere, wie Ana Gros, Tamara Mavsar, Barbara Lazović, Alja Varagić und Torhüterin Amra Pandžić – allesamt Eckpfeiler der Mannschaft. Auch Elisabeth Omoregie gab bekannt, dass sie aufgrund von Knieproblemen vorerst zurücktreten wird, und auch Valentina Klemenčič fehlt derzeit.
Das Team befindet sich im Umbruch. Zum Kader gehören drei 18-Jährige: Elena Erceg, die am EHF-Programm „Respect Your Talent“ teilnimmt, Teja Pogorelc und Lana Puncer. Insgesamt sind neun Spielerinnen des Kaders 23 Jahre oder jünger, und Slowenien ist mit einem Durchschnittsalter von 23,7 Jahren eine der jüngeren Mannschaften bei der Endrunde.
Dänemark vs. Deutschland, 18:00 Uhr, live auf ORF SPORT +
Manchmal kommt alles anders, als man denkt: Als vergangenen Freitag das Telefon klingelte, musste es bei Dana Bleckmann ganz schnell gehen. Am anderen Ende war der deutsche Bundestrainer Markus Gaugisch. Dem gingen bei der Europameisterschaft in Innsbruck gerade die Rückraumspielerinnen aus: Nieke Kühne musste schon vor der ersten EURO-Partie nach einer Knieverletzung abreisen, Viola Leuchter ist krank, Annika Lott verletzte sich ebenfalls. Da musste Ersatz her – und da mit Dana Bleckmann besprochen war, dass sie bei ihrem Verein Borussia Dortmund weiter trainiert und sich für den Notfall bereithält, fiel die Wahl auf die U17-Europameisterin von 2017.
„Es ging alles sehr, sehr schnell, Ich war am Freitagmittag zuhause, als der Anruf kam, musste schnell meine Tasche packen und musste Samstagmorgen zum Flughafen. Und plötzlich war ich in Innsbruck, damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet und war dann umso glücklicher, dass ich bei der Mannschaft sein konnte“, sagt Bleckmann, die wie Ex-DHB-Kapitänin Anna Loerper aus Kempen am Niederrhein stand und in Aldekerk mit dem Handball begann, ehe sie als 17-Jährige zu Borussia Dortmund wechselte.
Ein Länderspiel im A-Nationalteam hatte Bleckmann bis zu ihrer Reise nach Innsbruck noch nicht bestritten, ihre Premiere im DHB-Trikot gab sie also gegen ihre Nachbarn aus den Niederlanden: „Ich hatte wenig Zeit, mich auf meine ersten beiden Länderspiele vorzubereiten, bin direkt ins kalte Wasser gesprungen. Ich habe mein Bestes gegeben, um der Mannschaft zu helfen. Und es fühlt sich gut an“, sagte die Dortmunderin, der ihr Einstand vom Team aber auch leicht gemacht wurde: „Die Mannschaft hat mich sehr, sehr positiv aufgenommen. Die Mädels haben mich mit offenen Armen empfangen und haben es mir echt einfach gemacht, ins Team zu finden.“
Und auch die Resonanz aus der Heimat war für die 23-Jährige überwältigend: „Ich habe Hunderte Nachrichten bekommen, ich war so glücklich über den ganzen positiven Zuspruch von Freunden und der Familie. Das hat gutgetan und war noch mal ein bisschen Motivation und Mut fürs Turnier mit auf den Weg gegeben.“
Niederlande vs. Norwegen, 20:30 Uhr
Die norwegische Torhüterinnen-Legende Katrine Lunde nahm sich zwischenzeitlich eine Auszeit von der Women´s EHF EURO – die Jagd nach ihrem siebten Titel geht aber weiter – und zwar in Wien!
Nach dem Auftaktsieg Norwegens gegen Slowenien flog die 44-Jährige zurück nach Norwegen, um sich um ihre neunjährige Tochter Atina zu kümmern. Lundes Ehemann ist der Serbe Nikola Trajkovic, ein Fußballtrainer, der derzeit in seinem Heimatland den RK Mladost trainiert.
„Es ist schwierig, wenn beide im Sport arbeiten, eine Handballspielerin und ein Fußballtrainer, während wir Eltern sind – in unseren eigenen Ländern“, sagte Lunde dem norwegischen TV2. Normalerweise lebt Atina mit Lunde in Kristiansand, wo sie für den dreimaligen EHF Champions League-Sieger Vipers spielt. Während der Vorbereitung auf die EHF EURO durfte Lunde in Kristiansand trainieren, um sich um ihre Tochter zu kümmern.
Dann reiste sie mit ihrem Team nach Innsbruck und bestritt das erste Spiel gegen Slowenien, bevor sie nach Kristiansand zurückkehrte, um ihre Tochter abzuholen und zu ihrem Vater nach Serbien zu bringen. In Wien stieß Lunde wieder zum Team und parierte prompt gegen Dänemark einen Siebenmeter.
In der Vorrunde kam so Eli Marie Raasok zu ihrem Debüt bei einer Europameisterschaft: „Vielleicht hätte ich nicht die Chance gehabt, dieses Turnier zu spielen, wenn Katrine nicht nach Hause hätte fahren müssen. Deshalb bin ich froh, dass ich diese Gelegenheit bekommen habe. Es hat sehr viel Spaß gemacht, zu spielen. Vor dem Start war ich ängstlich und nervös. Als ich dann ein paar Minuten spielen durfte, war der ganze Druck von meinen Schultern genommen.“
Alles war lange im Voraus geplant und mit Cheftrainer Thorir Hergeirsson abgesprochen. „So mussten wir es machen, damit es klappt. Die Alternative wäre gewesen, dass Katrine gar nicht zu uns kommt“, sagte Hergeirsson. „Wir haben immer noch zwei gute Torhüterinnen, und die Mannschaft ist darauf vorbereitet worden.“
Lunde ist froh, dass alles arrangiert werden konnte – und dankt vor allem Hergeirsson in jeder Hinsicht: „Er ist ein guter Mensch und er hat wirklich viel für die Rechte der Frauen getan. Er war der erste, der gesagt hat, es ist in Ordnung, wir können Kinder kriegen und sie machen ein Programm, dass man die Kinder mitbringen kann. Ihr könnt schwanger werden und dann wieder zurückkommen, denn das ist es, was wir lieben. Nur weil man ein Kind hat, sollte es nicht das Ende der Karriere sein, wenn man nicht will. Das ist wirklich großartig. Ich habe das Gefühl, dass einige andere Teams und Länder nachziehen, das macht mich glücklich.“
Für Hergeirsson ist die Integration von Müttern in sein Team völlig normal geworden: „Wir haben viele Mütter in der Mannschaft, das ist sehr wichtig. Wenn man ihnen die Möglichkeit gibt, eine Familie zu gründen und Kinder zu bekommen, haben sie viel zu empfangen. Es ist also wichtig für uns, diese Dinge zu ermöglichen.“
Generell glaubt der Isländer, dass dies ein wichtiges Signal für den Frauensport ist: „Das ist ein ganzheitlicher Ansatz, an dem wir seit 25, 30 Jahren arbeiten. Jetzt haben sie die Chance, so zu leben, wie es die Burschen früher getan haben, nämlich als Profis in den Vereinen zu spielen, und dann können sie ihre Karriere viel länger machen als früher.“
„Sie können ein oder zwei Kinder haben und immer noch auf internationalem Top-Niveau und auch in der Nationalmannschaft spielen, aber dann müssen wir, die Nationalmannschaft und die Vereine, einige Vorkehrungen für sie treffen. Wenn es zu Hause nicht gut läuft oder es irgendwo in verschiedenen Bereichen Probleme gibt, kann man keinen Spitzensport betreiben. Wir müssen also in all diesen Bereichen zusammenarbeiten, um eine gute Politik zu machen“, fügt er an.
Für Lunde und ihr Team zahlt sich diese Zusammenarbeit mit einer ungewöhnlichen, aber wertvollen Work-Life-Balance während der EHF EURO eindeutig aus.
Spielplan Hauptrunde Wien
Donnerstag, 5. Dezember
15:30 Uhr: Schweiz vs. Deutschland 27:36 (14:18) – Match Report
18:00 Uhr: Niederlande vs. Slowenien 26:22 (14:10) – Match Report
20:30 Uhr: Dänemark vs. Norwegen 24:27 (12:13) – Match Report
Samstag, 7. Dezember
15:30 Uhr: Schweiz vs. Slowenien
18:00 Uhr, Live auf ORF SPORT +: Dänemark vs. Deutschland
20:30 Uhr: Niederlande vs. Norwegen
Montag, 9. Dezember
15:30 Uhr: Schweiz vs. Niederlande
18:00 Uhr, Live auf ORF SPORT +: Norwegen vs. Deutschland
20:30 Uhr: Dänemark vs. Slowenien
Mittwoch, 11. Dezember
15:30 Uhr: Slowenien vs. Deutschland
18:00 Uhr: Dänemark vs. Niederlande
20:30 Uhr, Live auf ORF SPORT +: Schweiz vs. Norwegen
28. November bis 15. Dezember 2024
Ausrichter: Österreich, Schweiz, Ungarn
Titelverteidiger: Norwegen
Spielorte: Basel (SUI), Innsbruck (AUT), Debrecen (HUN), Wien (AUT)
Offizielle Website: https://catchthespirit2024.com
Official EURO-Song: Schick Sisters & OPUS Band: Live Is Life (“Catch The Spirit-Version”)
Alle Pakete und Tagestickets für die Women’s EHF EURO 2024 sind hier erhältlich:
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06.12.2024