
Wo Licht ist – da ist bekanntlich auch Schatten. Bei der Analyse der EURO 2016 gab es nicht nur positive, sondern auch negative Aspekte. Eine Analyse der Sportreport-Redaktion.
Warum nur? Österreich scheitert nach der Gruppenphase!
Die Erwartungen im Vorfeld waren groß. Es wurde vom Achtel-, Viertelfinale und möglicherweise auch mehr geträumt. Nach drei Spielen gab es die große Ernüchterung. Österreich fliegt nach den drei Gruppenspielen heim. Die Gründe dafür waren vielfältig und zur Genüge analysiert. Man kann es nennen wie man will, am Ende bleibt Österreich eine der Enttäuschungen der EM.
Berichterstattung
National, wie international hat die EURO eines bewiesen. Der Grad zwischen „Held“, hin zu „Versager“ wird praktisch von Stunde zu Stunde kleiner. Aus den „Helden einer historischen Qualifikation“ wurden innerhalb weniger Tage die „Deppen der Nation“. Zeit für eine fachliche Analyse ist kaum noch. Wird sie aber wirklich noch gewünscht? Die Rahmenbedingungen für Spieler und Trainer werden zum Teil immer extremer. Wie erwähnt gibt es nur „Held“ oder „Versager“. Ein Mittelding ist scheinbar nicht mehr gewünscht. Dies ist wohl auch dem Druck der sozialen Medien geschuldet.
Aus heimischer Sicht steht noch ein Ereignis in der Berichterstattung heraus. Gab es im Teamquartier „Streit“ unter den Teamspielern, wie eine große Tageszeitung berichtet? Wer Nationalspielern in den letzten Tagen gesprochen hat wurde die Extremität des Vorfalls dementiert. Die Stimmung wäre zwar aufgrund der „suboptimalen Resultate“ nicht die allerbeste gewesen, Teller wären aber keine geflogen. Allgemein machte sich Unverständnis und Unmut über diesen Bericht breit.
Diskussionsbedarf mit dem heimischen Verband wird es in Zukunft in Punkto LIVE-Streams im Internet geben. Diese wurden vom ÖFB in Frankreich untersagt. Nüchtern analysiert wurde eine Chance ausgelassen, sprichwörtlich mit der Zeit zu gehen. Manche Medienvertreter reagierten spürbar verärgert und sorgte für heftige Diskussionen unter den Journalisten und Medientreibenden. Einige mussten ihre Pläne der EURO-Berichterstattung kurzfristig adaptieren. Mal sehen wie der ÖFB in Zukunft in diesem Fall reagieren wird.
„Überspielte Stars“
Was haben die designierten Stars der EURO wie Cristiano Ronaldo, Thomas Müller, Robert Lewandowski, David Alaba oder Mesut Özil gemeinsam? Die harte unverblümte Wahrheit nach der Endrunde ist, dass Schlüsselspieler bei ihren Klubs aufgrund der Belastung schlichtweg überspielt waren.
Die designierten Stars konnten der EURO nur sehr selten ihren Stempel aufdrücken. Mangelnden Willen kann man ihnen nicht vorwerfen. Fakt ist aber, dass aufgrund der körperlichen und geistigen Müdigkeit einfach nicht mehr möglich war. An die 50 Pflichtspiele für den Verein, dazu die Einsätze mit dem Nationalteam, haben ihren Tribut gefordert. Die EURO 2016 darf getrost als Warnschuss verstanden werden. Ob die Zeichen der Endrunde richtig ausgewertet werden ist fraglich. Die Anzahl der Pflichtspiele wird in näherer Zukunft nicht gesenkt werden. Aufgrund des Erfolgsdrucks werden die Schlüsselspieler weder auf Vereins- noch auf Nationalteamebene die notwendigen Ruhezeiten erhalten. Das Phänomen der „überspielten Schlüsselspieler“ ist nicht erst seit der EURO 2016 bekannt. Gefühlt hat es in den vergangenen Wochen einen Höhepunkt erhalten.
Qualität der Spiele
War es der Modus mit 24 Teams? War es aufgrund der „überspielten Stars“ oder gab es noch weitere Gründe? Fakt ist, dass die Qualität vieler Spiele bei der EURO 2016 schlichtweg schlecht war. Taktisch, athletisch, technisch aber auch vom Auftreten waren viele Teams weit unter dem gewohnten Niveau.
Was führte dazu? Die Wahrheit auf diese Frage ist vielfältig gelagert. Mehr Spiele durch den Modus mit 24 Teams, der Qualitätsunterschied der Einzelspieler, unterschiedliche Laufbereitschaft innerhalb der Mannschaft überspielte Schlüsselspieler, zu wenig Regenerationszeiten, kaum Risiko in der Spielanlage oder schlichtweg die fehlende körperliche und geistige Fitness einiger Spieler. Die Liste der Begründung lässt sich um einige Punkte erweitern. Fakt ist, dass einige Spiele akute „Einschlafgefahr“ hatten.
Turniermodus
Die Erweiterung von 16 auf 24 Teams brachte auch eine Veränderung des Austragungsmodus mit sich. Spätestens am letzten Spieltag war das Chaos perfekt. Wer ist nun einer der vier besten Dritten der Gruppenphase. Welches Team benötigt welches Resultat um ins Achtelfinale aufzusteigen?
Dabei hatten die Gruppen D, E und F definitiv einen Vorteil. Da die Resultate der ersten Finalspiele der Gruppenphase waren bekannt. Die betreffenden Nationen wussten „was benötigt wird“.
Ob die mangelnde Qualität in einigen Spielen mit dem neuen Turniermodus zusammenhängt liegt im Auge des Betrachters. Fakt ist, dass der Modus in der Gruppenphase etliche Nachteile hat. Europameister Portugal reichten drei Unentschieden um ins Achtelfinale einzuziehen.
Mut wird vom aktuellen Modus nicht belohnt. Nach dem die UEFA die Erweiterung auf 24 Nationen der Öffentlichkeit als Erfolg verkauft, wird es wohl keine Änderung geben – obwohl es eigentlich dringend von Nöten gewesen wäre.
„Fußballkonsument“ übersättigt
Drei Spiele während der Gruppenphase sind einfach zu viel. Anstelle eines EURO-Fiebers kam früh Müdigkeit auf. Der Spielplan war aufgebläht und für den Fußballkonsumenten einfach zuviel. So kam kaum positive Stimmung auf. Von einem Hype war nach dem Turnierstart kaum etwas zu spüren – im Gegenteil! Kollektive, öffentliche Müdigkeit machte sich rasch breit.
Sportliche Neuigkeiten verzweifelt gesucht!
Von jedem großen Endrundenturnier gibt es Rückschlüsse. Jene von der EURO 2016 sind wohl erst beim sprichwörtlich „dritten Blick erkennbar“. Taktisch brachte die Endrunde in Wahrheit keine Neuigkeiten. Das italienische 3-5-2 wurde von Wales erfolgreich übernommen und sorgt für Überzahl in der Nähe des Ballbesitzes. Ein System welches aber keine Neuigkeit ist. In Italien wird diese Formation seit vielen, vielen Jahren praktiziert. Ansonsten war weiter das 4-2-3-1 System bei den meisten Teams Standard. Während auf Vereinsebene die meisten Teams auf die Spielsituation reagieren und dann auch taktisch anpassen, gab es dies bei der EURO kaum.
In Erinnerung bleiben werden einige Varianten bei Standardsituationen. Hier darf Wales als lobendes Beispiel erwähnt werden. Auch die Einwürfe von Island waren stets brandgefährlich im gegnerischen Strafraum. Ansonsten war der sprichwörtliche „Output“ der EURO 2016 überschaubar.
Gewaltbereite „Fans“
Rund um den Start der EURO 2016 gab es auch keine schönen Nachrichten. Besonders die Ereignisse in Marseille sorgten für negative Schlagzeilen. Zunächst waren englische „Schlachtenbummler“ für Ausschreitungen verantwortlich, ehe russische Chaoten die sprichwörtliche „Bühne“ betraten. Neben einer Vielzahl verhafteter Hooligans (darunter auch übrigens einer aus Österreich!) gab es leider auch etliche verletzte Personen. Am schlimmsten erwischte es einen englischen Fan, der nach Schlägen und Tritte russischer Hooligans schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.
Im Vorfeld der EURO gab es Sicherheitssorgen wegen möglicher Hooligan-Übergriffe. Am Ende sollte die Gewalt in und rund um das Stadion (zB beim Spiel England gegen Russland) ein trauriges Comeback „feiern“.
11.07.2016