
Die Vienna Capitals haben im Grunddurchgang 2016/17 unter Trainer Serge Aubin etliche Bestmarken in der EBEL verbessert. Für Sportreport stellte sich der Headcoach der Wiener zum Interaktiv-View und beantwortete die Fragen der User.
Sportreport: Serge Aubin, Zeit für ein Interactiv-View! Unsere User hatten die Möglichkeit, Ihnen Fragen zu stellen. Haben Sie so ein Interview schon einmal gemacht?
Serge Aubin: Nein, noch nicht. Es ist also neu für mich.
Sportreport: Sie haben einen Rekord dabei gebrochen, ohne es zu wissen. Denn zwei Wörter sind sehr oft (Anm.: Über 80 Prozent in den Einssendungen) von unseren Usern verwendet worden. Das erste ist „Danke“. Fühlen Sie auch die Dankbarkeit der Leute in Wien?
Serge Aubin: Ich fühle mich sehr wohl in Wien. Vom ersten Tag an fühlte ich mich wirklich willkommen. Es ist eine großartige Stadt, eine sehr gute Organisation für die ich arbeiten kann und unsere Fans sind phantastisch. Ich fühle die Dankbarkeit der Menschen und ich bin auch sehr dankbar dafür.
Sportreport: Wenn die Leute zu Ihnen gehen und sagen: „Danke, Coach. Super Arbeit!“. Was geht da in Ihnen vor?
Serge Aubin: Ich würde gerne auch den Fans und den Leuten danken. Sie helfen uns sehr, indem sie zu unseren Spielen kommen und uns unterstützen. Die Spieler und ich fühlen das. Der Coaching stuff aber auch das Office arbeiten hart für uns. Es ist schön, solche Sachen generell zu hören. Wenn es möglich ist, möchte ich auch ihnen einen Dank aussprechen.
Sportreport: Das zweite Wort, das unsere User häufig verwendet haben ist Vertrag. Sie sind bis zum Ende der nächsten Saison unter Vertrag. Viele User fordern eine Vertragsverlängerung. Anders gefragt: Wie sehen Sie ihr Engagement in Wien? Sehen Sie das als ein kurzfristiges an? Wollen Sie hier etwas langfristiges aufbauen?
Serge Aubin: Ich bekenne mich zur Gänze zu Wien. Ich habe jetzt einen Zweijahres-Vertrag. Wie ich es immer tue werde ich am Ende der Saison die Saison analysieren. Ich werde die Leistungen der Spieler und meine Leistung analysieren. Alles andere kommt, wenn die Zeit reif ist. Ich fühle mich sehr wohl in Wien, es ist mein zu Hause geworden. Ich bin sehr glücklich, hier sein zu dürfen.
Sportreport: Beginnen wir mit dem ersten Tag, als Sie hergekommen sind hatten Sie ihr System. Die Spieler haben dieses sehr schnell angenommen und fühlen sich spürbar wohl. Aber ist das wirklich ihr System oder haben sie die Spielweise an die Fähigkeiten der Spieler angepasst?
Serge Aubin: Ich hatte eine klare Vision von dem, wie wir spielen sollen. Es hat seine Zeit gedauert, bis ich alle Spieler kennengelernt habe. Aber es ist schon sehr nahe dran an dem, wie ich spielen möchte. Ich denke, wir sind ein schnelles, junges Team und spielen mit Leidenschaft. ich kann mich auf die Spielweise meiner Spieler verlassen. Das ist der Stil, das System wie wir spielen wollen.
Sportreport: Wie soll ein perfekter Spieler für Ihr System aussehen? Was für Fähigkeiten sollte er haben?
Serge Aubin: Der Charakter ist für mich sehr wichtig. Und davon haben wir sehr viel in der Kabine. Viele Spieler sind Leader, aber jeder in einen anderen Bereich. In anderen Richtungen! Manche sind größer und stärker, manche sind klein, schnell, wendig und technisch stark. Man braucht einen unterschiedlichen Touch im Team. Wichtig sind jedoch gute Menschen die auch auf den anderen schauen. Das ist etwas, worauf ich sehr stolz bin. Wir haben großartige Spieler. Unsere Spieler kümmern sich nicht nur um sich, sondern auch um die Teamkollegen und um die Fans. Wir wollen jeden Stolz machen. Das macht mich glücklich!
Sportreport: Was unsere User bemerkt haben ist, dass es in bestimmten Phasen im Spiel einen „neuen Energieschwung“ auf das Eis bringt. Auch oft ohne ein großes Zeichen oder Aufforderung von ihrer Seite. Wer ist dann dafür verantwortlich? Die Spieler oder am Ende doch der Trainer?
Serge Aubin: Es ist eine Kombination. Es ist das Verhältnis zwischen den Spielern und Trainern. Die Spieler sind gute, intelligente Jungs. Sie verstehen den Moment wenn es nötig ist. Wir haben schnelle Spieler in unserem Line-Up, was uns ermöglicht auch schnelles Eishockey zu spielen. Die Spieler sind sehr bodenständige. Das bedeutet, dass unsere Höhepunkte nie zu hoch sind und die Tiefen nie zu tief. Das mag ich an dieser Mannschaft. Wir kommen rein und stellen sicher, dass wir die beste Leistung abrufen. Mehr kannst du als Trainer kaum verlangen.
Sportreport: Das Team jagt einen Rekord nach dem anderen. Unsere User haben aber das Gefühl, dass das Team immer noch sehr hungrig ist. Sie sind „sauer“, wenn sie einen Gegentreffer bekommen. Sehen Sie das auch so?
Serge Aubin: Wir sind sehr stolz drauf, sicherstellen zu können dass wir jeden Tag unser höchstes Level abrufen. Das, was wir gut gemacht haben war, dass wir ehrlich mit uns selbst sind, wenn es gut läuft. Wir genießen den Moment. Wenn es nicht gut läuft, analysieren wir es und beheben es. Wir nehmen aber jeden Tag wie einen neuen Tag an und stellen sicher, dass wir alles abrufen was wir können. Nur dann sind wir erfolgreich. Es ist nicht einfach, aber die Jungs sehen das es läuft. Wir haben verstanden und sind ein bodenständiges Team. Erfolg kommt nur von harter Arbeit. Auf- und abseits des Eises.
Sportreport: Viele Fragen drehten sich um die vierte Linie. Sie bezeichnen sie als die „Energy-Line“. Welchen Stellenwert hat die vierte Linie in ihrem System und wie wichtig ist sie?
Serge Aubin: Wie Sie richtig gesagt haben, mag ich den Ausdruck „vierte Linie“ nicht. Es ist eine „Energy-Line“. Manchmal sind die Jungs da noch jung, sie lernen noch dazu. Ich denke aber, dass sie einen sehr guten Speed haben und das sie unser System sehr gut verstehen. Sie sind für uns eine sportliche Waffe geworden. Sie erlauben uns, mit einer größeren Geschwindigkeit und Dynamik zu spielen. In jedem Spiel! Ich bin froh über den Erfolg, den sie haben. Sie nehmen jedes Detail auf und wollen besser werden. Das mag ich am meisten an ihnen.
Sportreport: Wenn Sie sich die Spieler der vierten Linie anschauen. Suchen sie nach Geschwindigkeit, nach Fähigkeiten oder vielleicht sogar nach möglichen Punkten in der Scorerwertung?
Serge Aubin: Ich denke Geschwindigkeit ist in diesem Fall sehr wichtig. Ich nenne sie die „Energy-Line“ weil sie uns Leben einhauchen und das Momentum kreieren können. Aber sie müssen auch Verantwortung defensiv übernehmen. Die jungen Spieler machen einen phantastischen Job. Sie saugen jede Information auf die sie von uns bekommen und setzen die am Eis um. Viels startet auch bei unseren Trainingsgewohnheiten. Unser Training ist aber auch sehr hart, was sich auch im Spiel widerspiegelt.
Sportreport: Unterhalten wir uns mal über den Nachwuchsbereich. Sie und Ihr Co-Trainer Craig Streu besuchen viele Spiele. Ohne Namen zu nennen, aber sehen sie Spieler die kurz- oder mittelfristig das Potential hätten im ersten Team dabei zu sein?
Serge Aubin: Es gibt viele junge Spieler, die sich gut entwickeln. Ich nenne es die „Vorentwicklung“, wo sie noch nicht mit den Profis dabei sind. Ich denke mit den Voraussetzungen, die von den Capitals geschaffen wurden stellen wir das bestmöglichste Umfeld für diese jungen Spieler sicher um den Sprung zu den Profis zu schaffen. Es ist ein großer Sprung nach vorne. Wir werfen immer ein Auge darauf. Es ist immer eine gute Sache, wenn Spieler aus dem eigenen Nachwuchs nachkommen können.
Sportreport: Das österreichische Nationalteam erlebt derzeit ein Tief. Sie sagten davor, dass die Nachwuchsmannchaften und die jungen Spieler gut sind. Wenn Sie aber auf die Liga schauen: Was fehlt dem Nationalteam im Gegensatz zu den Vereinen, wo die Spieler ja besser auftreten als in der jüngeren Vergangenheit?
Serge Aubin: Das ist schwierig für mich zu beantworten, da ich nie in die Prozesse des Nationalteams involviert war. Ich kenne auch nicht jungen Spieler in der Liga. Ich kann nur für die Spieler in meinem Team sprechen. Ich denke, dass sie gut spielen. Es ist ein Prozess, der Zeit braucht wenn ein junger Spieler zu einem Profi werden soll. Manchmal muss man geduldig sein.
Sportreport: Zurück zu den Caps. Vor einigen Wochen gab es ein Try-Out, das sehr schnell beendet wurde. Wollen Sie das Team bis zum Ende der Saison noch verstärken oder sind sie mit der derzeitigen Mannschaft zufrieden?
Serge Aubin: Ich bin sehr zufrieden mit dem Team, das ich habe. Ich denke, dass wir eine solide Truppe haben. Wir sind eine Familie und das ist das, was ich mag. Wir unterstützen uns gegenseitig. Es ist aber unser Job natürlich ein Auge auf Verletzungen zu werfen und dann zu reagieren. Aber ich bin sehr zufrieden mit dem momentanen Kader. Wir sind ein Team, eine Familie! Das ist das richtige Wort. Wir werden es nicht zulassen, dass irgendetwas das stört.
Sportreport: Also sehen Sie sich nicht auf dem Transfermarkt um?
Serge Aubin: Stand heute (Anm.: 6. Jänner) Nein!
Sportreport: Coach, unseren Usern gefällt eines nicht. Es ist bereits Jänner, der Grunddurchgang nähert sich dem Ende und die Spiele ihrer Mannschaft werden als „sehr unterhaltsam“ bezeichnet. Egal ob für den Fall eines Sieges oder Niederlage. Wenn man ihnen so etwas sagt, wie denken sie darüber?
Serge Aubin: Bevor wir uns über die Spiele unterhalten gilt es eines festzuhalten: Eishockey ist ein Spiel das Spaß macht! Die Spieler haben Spaß am Eis. Es macht ihnen Spaß ihre Talente zu zeigen. Sie machen es in einem Weg der es uns erlaubt Erfolg zu haben. Sie machen auf und Abseits des Eises die Kleinigkeiten richtig. Wir bekommen in so vielen unterschiedlichen Bereichen viel zurück. Ich sehe den Spaß und die Leidenschaft meiner Spieler. Wir müssen einfach in dem Bereich so weiter machen. Wir nehmen jeden Tag als neuen Tag und führen den eingeschlagenen Weg fort.
Sportreport: Sprechen wir über die kommende Saison. Die Kaderzusammenstellung interessiert unsere User. Wer wird dafür die Verantwortung tragen? Haben die Gespräche darüber bereits begonnen?
Serge Aubin: Es ist das Trainerteam und das Management gemeinsam. Wir werden uns zusammensetzen wenn der Zeitpunkt richtig ist. Dann werden wir uns über die Zukunft unterhalten. Für mich gerade lebe ich sportlich in diesem Moment. Damit meine ich, dass unser Weg fortgesetzt wird. Der Rest? Darum werden wir uns kümmern, wenn der Zeitpunkt der richtige ist.
Sportreport: Klingt zwischen den Zeilen durch, dass Sie gerne die Mehrzahl der Spieler behalten wollen ?
Serge Aubin: Ich mag das Team, wo wir aktuell sind. Im Sport ändern sich Dinge sehr schnell. Du weißt nie was passiert. Wir bleiben aktuell fokussiert auf dem Moment. Schauen wir nicht zu weit in die Zukunft oder Vergangenheit. Darum haben wir auch jetzt Erfolg. Wenn die Saison vorbei ist werden wir alles analysieren und herausfinden, was und warum in dieser Saison alles passiert ist. Dann werden wir Entscheidungen treffen die getroffen werden müssen.
Sportreport: Herr Aubin, unsere User meinen Sie sind ein emotional sehr zurückhaltender Trainer. Auch in Situationen, wo die Emotionen hoch hergehen. Gibt es Momente, wo sie diese auch öffentlich zeigen?
Serge Aubin: Das passiert manchmal! Es ist ein emotionales Spiel. Aber es ist mein Job meine Emotionen unter Kontrolle zu halten. Vielleicht sind es all die Jahre, die ich schon im Eishockey dabei bin und die mich hier geprägt haben. Seit dem ersten Tag sagen wir unseren Spielern, dass sie diszipliniert sein sollen und ihre Emotionen unter Kontrolle halten sollen. Sie sollen nie zu hoch oder zu niedrig sein. Es ist mein Job in diesem Bereich der Leader zu sein!
Sportreport: Während der Champions Hockey League waren sie verkabelt. Die Zuschauer der Übertragung haben viele ihrer Kommandos mitbekommen. Unsere User haben dabei festgestellt, dass sie hauptsächlich über und mit der dritten und vierten Linie gesprochen haben. Dabei haben sie keine großen Kommandos gegeben sondern knappe, klare Worte gefunden. Alles „nur Zufall“ oder spiegelt das ihren Stil wider?
Serge Aubin: Ich versuche meine Worte sehr einfach zu halten. Ich versuche auch dieselben Ausdrücke zu verwenden so gut es geht. So verstehen die Spieler immer was ich sage! Ich denke wir haben unterschiedliche Rollen. Ja, manchmal benötigen die jungen Spieler mehr Aufmerksamkeit. Weil sie auch noch einiges lernen. Aber ganz ehrlich: Ich habe nie wirklich dem Umstand Aufmerksamkeit geschenkt, dass ich mit diesen Linien mehr spreche. Es war für diese Spiele wahrscheinlich notwenndig. Aber ich spreche natürlich auch mit den ersten beiden Linien.
Sportreport: Sie haben in der DEL in Deutschland als Trainer gearbeitet und sind jetzt in der EBEL. Kann man diese beiden Ligen miteinander vergleichen und würden sie das für unsere User tun?
Serge Aubin: Die Ligen sind vom Niveau sehr eng beisammen. Der größte Unterschied ist die Tiefe im Kader. In der DEL ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass du in der „Energy Line“ erfahrene, ältere Spieler am Eis hast. Die Geschwindigkeit des Spiels ist praktisch gleich. In der DEL bezahlst du für deine Fehler vielleicht einen größeren, heftigeren Preis. Vermutlich weil bestimmte Spieler mehr Erfahrung haben. Aber die Ligen sind sehr, sehr eng beisammen. Die Unterschiede sind sehr gering.
Sportreport: Sie haben als aktiver Spieler in der Schweiz und Deutschland gespielt. Sie waren in Hamburg und sind jetzt in Wien als Trainer tätig. Viele User interessiert wie es ihren Deutschkenntnissen geht. Bei der Weihnachtsfeier der Vienna Capitals haben sie ja einige Worte in Deutsch gesprochen. Besteht vielleicht die Chance auf ein Interview in deutscher Sprache?
Serge Aubin: Dieses Jahr ist es definitiv eine Herausforderung! Daran arbeite ich aber. Ich will mit der deutschen Sprache besser werden. Es ist aber nicht einfach. Es ist eine sehr schwere Sprache! Aber ich nehme es sehr seriös und plane im Sommer einige Stunden Nachhilfe zu nehmen. Hoffentlich hilft es und wir können ein Interview in deutscher Sprache machen. Zumindest über Eishockey! (schmunzelt)
Sportreport: Haben Sie ein paar Worte Wiener Dialekt gelernt?
Serge Aubin: Worte im Wiener Dialekt? Ein Wort zum Beispiel kann ich schon sagen. Apfelschorle in Hamburg heißt hier „Apfelspritz“. Ich hab das zuerst nicht gewusst. Es gibt kleine Worte, die ich hier und da neu entedecke und die unterschiedlich sind. Der Dialekt ist anders als der in Hamburg. Es war zum Beginn schon herausfordernd. Aber ich finde mich immer besser damit zu Recht. Wie schon gesagt: Ich fühle mich sehr, sehr wohl in Wien. Ich fühle mich wie zu Hause hier.
Sportreport: Ihre Tochter ist in Hamburg. Wie sind ihre Bezugspunkte zu Hamburg?
Serge Aubin:Sie ist in einem Alter, wo sie ihre Schule beendet. Meine Frau ist hier in Wien mit meinen beiden Söhnen. Sie lieben es hier. Sie genießen die Stadt. Sie lieben es zu den Spielen zu kommen. Mein älterer Sohn spielt im Nachwuchsprogramm der Vienna Capitals. Wir genießen das Leben hier in Wien.
Sportreport: Die letzte Frage kommt traditionell von uns aus der Redaktion. Wer stellt die härteren Fragen? Unsere User oder sind es am Ende die Sportjournalisten?
Serge Aubin: (schmunzelt) Also um ehrlich zu sein. Beide Seiten haben gute Fragen! Für mich persönlich war es interessant andere Fragen zu hören. Ob es am Ende von euren Usern oder von Journalisten kommt ist am Ende nicht wichtig. Hoffentlich war ich in der Lage die Fragen mit guten Antworten zu versehen zu Themen, die die Leute interessieren. Ich bin glücklich und dankbar für die Möglichkeit so kommunizieren zu können.
Sportreport: Es wäre also für Sie kein Problem ein zweites INTERaktiVIEW mit den Fragen unserer User zu machen?
Serge Aubin: Es wäre eine Ehre für mich!
Das Gespräch führte Thomas Muck
10.01.2017