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Am Montag entband Austria Wien den Trainer der Kampfmannschaft Thomas Letsch und den Betreuer der Young Violets Andreas Ogris von ihren jeweiligen Aufgaben. Die grundlegenden Probleme des Vereins lösen die Personalentscheidungen definitiv (noch) nicht. Ein Kommentar von Thomas Muck

Zwei wichtige Personalentscheidungen an einem Tag, da lohnt sich ein Blick auf Zahlen und Statistik
Etwas mehr als ein Jahr oder 37 Pflichtspiele war Thomas Letsch im Amt. Der Punktedurchschnitt von 1,49 pro Spiel darf als „ausbaufähig“ bezeichnet werden. Am Montag musste auch gleich Andreas Ogris seinen Hut nehmen. Seine Bilanz nach 107 Spielen als Trainer der Austria Wien-Amateure/Young Violets: Durchschnittlich 1,57 Zähler je Spiel.

Statistisch betrachtet sind dies definitiv Werte, welche als „biederer Durchschnitt“ bezeichnet werden dürfen. Dementsprechend stehen beide freigestellten Trainer, was diesen Wert angeht, auch im Mittelfeld der ewigen Trainertabelle. Beide waren zuletzt keinesfalls unumstritten. Ihre Ablöse war vorhersehbar, vielleicht sogar in einem Fall überfällig.

Lösen die beiden Trainerwechsel aber die Probleme beim FK Austria Wien? Die Antwort ist ein klares Nein!

Die stolzen Wiener Violetten sind in den letzten zehn Jahren ins Mittelfeld der heimischen Liga abgerutscht. Sechs Europacupteilnahmen stehen vier in der Zuschauerrolle gegenüber. Der durchschnittliche Tabellenendplatz betrug 3,6 – trotz eines Meistertitels!

Die Schuldfrage einzig und allein bei den abgelösten Trainern zu suchen, wäre schlichtweg falsch und billig!

Es gilt eines zu korrigieren: In den nächsten Stunden sollten wichtige Basisentscheidungen angegangen werden. Hier sollten sich die Vereinsverantwortlichen ein Beispiel am Tabellenführer Red Bull Salzburg nehmen.

Ein eigenes Konzept erstellen und danach handeln. Feuer, Leidenschaft, Leistungsgedanken bei gleichzeitigem Schutz von Einzelpersonen, Spielern und Funktionären. Druck auf allen Ebenen bei gleichzeitigem Teamspirit und familiären Ambiente. Auf den Spielfeldern, in den Kabinen, in den Büros und beim Auftritt nach außen hin. Von diesen Dingen ist aktuell nur sehr wenig zu spüren. Mit Ausnahme der Meistersaison dümpelte der Verein Austria Wien vor sich hin. Fehler wurden begangen (wie in jedem Unternehmen/wie in jedem Sportverein), aber sie wurden nicht korrigiert.

Der Versuch, diese in der Kampfmannschaft mit einem „Konzepttrainer“ auszubessern, ging daneben. Der sprichwörtliche „Bauchfleck“ mit Thomas Letsch war „Scheitern mit Ansage“. Der Deutsche erhielt einen Kader, der auf Ballbesitzfußball ausgelegt war/ist. Seine Vorstellungen waren mit der Ausrichtung der Spieler in Wahrheit selten bis nie kompatibel. Die Systemumstellung im Winter darf als „letztes Hurra“ bezeichnet werden. So richtig Wirkung zeigte der Versuch nie! Im Gegenteil! In seiner Zeit als Austria-Trainer kündigte Thomas Letsch immer wieder Änderungen an. Seine Spieler konnten die Vorstellungen bestenfalls phasenweise auf dem Rasen umsetzen. Wohl auch weil die gegenseitigen Vorstellungen und Wünsche nicht kompatibel waren. Das Scheitern von Thomas Letsch, trotz ausgezeichneter menschlicher Qualitäten, war vorhersehbar! Der Trainer muss den Hut nehmen. Es war es schon bei seiner Bestellung absehbar, dass die Erfolgsaussichten sehr gering sind. Die Euphorie des Einzugs in die Generali-Arena wurde mit diesem Fehler nachhaltig torpediert.

Die Situation bei den Young Violets ist ähnlich, aber in Wahrheit anders gelagert. Sinn und Zweck eines „Farmteams“ ist es, Talente (Spieler die deutlich unter 20 Jahre alt sind) an höhere Aufgaben heranzuführen. Seit dem Aufstieg in die 2. Liga rangieren die Young Violets hauptsächlich im unteren Tabellendrittel und kämpfen in Wahrheit gegen den Abstieg. Eine Situation, bei der man auf Ersatzspieler aus der Kampfmannschaft zurückgreift. Am vergangenen Freitag standen gegen den FC Liefering mit Salamon, Jonovic, Gluhakovic, Hahn, Yateke, Fitz, Costa Ewandro und Stürmer Frank auf dem Platz. Akteure für die zweite Mannschaft auf dem Rasen, die entweder bereits über Einsatzzeit in der Kampfmannschaft verfügen oder im Kader standen. Der Altersdurchschnitt betrug 22,4 Jahre. Zum Vergleich: der des FC Liefering war 18,9 Jahre alt. Wenn man bei den Gästen von einem „klassischen Nachwuchsfarmteam“ sprechen kann, so ist die Definition des violetten „Nachwuchs“ deutlich schwieriger.

Der Abgang von Andreas Ogris ist keinesfalls eine Sensation oder Überraschung. Seit dem Aufstieg gibt es eklatante Fehler im Abwehrverhalten. Während der Herbstsaison waren die Jung-Veilchen in der Rückwärtsbewegung sehr anfällig. Besserung war in Wahrheit keine in Sicht. Auch in der Vorwärtsbewegung war der spielerische Esprit „überschaubar“. Ein Trainerwechsel ist daher durchaus eine logische Konsequenz.

Aber hier dem ehemaligen Nationalspieler die Alleinschuld zu geben, wäre falsch! Denn sein Abgang kompensiert ein Grundproblem des Vereins. Es fehlt das durchgängige, sportliche Konzept – vom Nachwuchs bis in die Kampfmannschaft! Auf dem Spielfeld, aber auch auf dem Trainersektor und der Geschäftsstelle!

Sobald sich ein Verein an einzelne Personen bindet, und sich diesen ausliefert, sind Wellenbewegungen vorprogrammiert. Diesen Kardinalfehler hätten die Veilchen in Wahrheit „mit Wirkung vorgestern“ abstellen müssen. Solange dies nicht geschieht, werden die nächsten Trainer mit der Unterschrift unter ihren aktuellen Vertrag gleichzeitig auch ihre Kündigung „mitunterschreiben“. Der Kreislauf der letzten Jahre würde sich weiterdrehen und die Austria weiter zwischen oberem und unterem Tabellenmittelfeld pendeln.

Die beiden Trainerwechsel lassen sich auf einen gemeinsamen Nenner zusammenfassen: Es wurden Symptome der aktuellen sportlichen Situation entfernt. Die Ursachen wurden (noch) nicht behoben! Wer auch immer die beiden Mannschaften dauerhaft übernimmt ist mit denselben Problemen konfrontiert, die seit Jahren bestehen.

An der unbequemen Behebung wird seit längerer Zeit nicht gearbeitet. Nachzulesen im Kommentar „Austria Wien – Willkommen (zurück) im Mittelmaß!“ aus dem November des Vorjahres. Der Artikel feiert am 11. März sein viermonatiges Jubiläum.

Detail am Rande
Austria Wien trennt sich nach 21 Runden, neun Niederlagen und auf Tabellenplatz Drei liegend vom aktuellen Trainer. Den dritten Tabellenrang, die fixe Qualifikation für die Meisterrunde – diese „sportliche Sorge“ hätte der Lokalrivale aus Hütteldorf wohl auch sehr gerne …

11.03.2019